Auf Plattformen wie Instagram, Youtube und Netflix können Minderjährige Filme und Videospiele aller Art konsumieren – auch Medieninhalte mit Gewalt und Sexualität. Das soll mit dem neuen Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele geändert werden.
Künftig sind schweizweit alle Anbieter von Online- und Videoplattformen verpflichtet, das Alter aller Nutzerinnen und Nutzer zu überprüfen. Das betrifft konkret Abrufplattformen wie Netflix und Videoplattformen wie Tiktok, Youtube, Instagram oder Twitch. Das Parlament hat das Gesetz im September 2022 verabschiedet – und ist auf Widerstand gestossen.
Mit dem Gesetz wird Schweizerinnen und Schweizern ein Ausweiszwang im Internet aufgedrückt.
Die Piratenpartei hat das Referendum ergriffen, weil sie eine Altersüberprüfung durch das Hochladen eines amtlichen Ausweises ablehnt. Eine andere Lösung gebe es momentan nicht, erklärt Pascal Fouquet. «Mit dem Gesetz wird Schweizerinnen und Schweizern ein Ausweiszwang im Internet aufgedrückt. Das führt zu massivem Missbrauch persönlicher Daten», so der Vizepräsident der Piratenpartei.
Noch bis zum 19. Januar kann das Referendumskomitee Unterschriften gegen das Gesetz sammeln. Fouquet ist zuversichtlich, dass das Referendum zustande kommt – auch wenn bislang noch rund 20'000 Unterschriften fehlen.
Wenn der Jugendschutz wirksam umgesetzt werden soll, dann muss es eine Form geben, dass beispielsweise das Alter verifiziert werden muss.
Im Parlament hat eine linke Mehrheit das Gesetz in der Herbstsession knapp angenommen. Für SP-Nationalrätin Sandra Locher Benguerel ist der Schutz der Jugendlichen wichtiger als der Datenschutz. «Wenn der Jugendschutz wirksam umgesetzt werden soll, dann muss es eine Form geben, dass beispielsweise das Alter verifiziert werden muss.» Ohne eine Altersüberprüfung würde das Gesetz nämlich keine Wirkung entfachen, so die SP-Nationalrätin.
Gesetz bei Plattformen im Ausland nicht durchsetzbar
Für Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, ist das Jugendschutz-Gesetz gut gemeint, aber schlecht umgesetzt. Denn es ziele auf alle Inhalte, nicht nur die problematischen. «Wir müssen uns alle identifizieren vor der ersten Nutzung einer Videoplattform – und das mit amtlichen Ausweisen, die an die Techkonzerne gehen», sagt Steiger. «Damit wir nicht ständig nach dem Alter gefragt werden, müssen wir also ein Konto haben.» Deshalb könnten Nutzende nicht mehr anonym auf diese Plattformen zugreifen, erklärt Steiger.
Eine andere Lösung zur Alterskontrolle sieht er aktuell nicht. Mit den amtlichen Daten könnten die Anbieter zudem machen, was sie wollen – das Gesetz schränke nur die Verwendung der Daten bei Minderjährigen ein. «Die Plattformen haben ganz viele Möglichkeiten, die äusserst wertvollen Daten wie Geburtsdatum und Geschlecht, zum Beispiel für Werbung, zu nutzen», sagt Steiger.
Das sei der Anreiz für die Plattformen, freiwillig mitzumachen. Denn bei Plattformen mit Sitz im Ausland kann das Gesetz laut IT-Anwalt nicht durchgesetzt werden.
Einen positiven Aspekt sieht Steiger im Gesetz dennoch – bei der Ausweiskontrolle in Kinos, die ebenfalls betroffen sind vom Gesetz. Denn das öffne die Tür für eine schweizweite Regelung, wo bisher kantonale Regeln galten. Auch Detailhändler, Online-Versandhändler und Abrufdienste sind künftig zu Alterskennzeichnungen und -kontrollen verpflichtet.