- Die Schweiz möchte mit Deutschland ein Solidaritätsabkommen für die Sicherstellung der Gasversorgung im Krisenfall aushandeln.
- Das haben die Bundesräte Guy Parmelin und Simonetta Sommaruga mit dem deutschen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck beschlossen.
- Habeck kündigte zudem an, sich in Brüssel für Gespräche mit der Schweiz einzusetzen.
Habeck sprach von einer «besonderen Ehre, das Weltwirtschaftsforum in Davos mit einem Treffen mit Mitgliedern des Bundesrates beginnen zu können». Das Treffen sei sehr offen und freundlich gewesen und habe zu einem konkreteren Ziel geführt, als dies normalerweise bei so einem ersten Höflichkeitsbesuch üblich sei, sagte er am Sonntagabend vor den Medien in Davos.
Ziel des geplanten Solidaritätsabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz sei es, «dass wir uns im Notfall gegenseitig unterstützen können bei der Gasversorgung», führte Sommaruga aus. «Das ist ein wichtiger Schritt und wir werden den jetzt sehr schnell in Angriff nehmen.» Wie lange es bis zum Abschluss des Abkommens dauern werde, könne man nicht sagen, so die Energieministerin nach dem Treffen am Rande des WEF weiter. Aber für eine pragmatische Lösung sei der Wille da. Konkret sollen Schweizer Gasimporteure künftig Flüssiggas von deutschen Terminals kaufen können, die derzeit entstehen. Der Verband der Schweizer Gasindustrie hört davon zum ersten Mal – und lässt mitteilen, dass man jedes Angebot mit grossem Interesse prüfen werde, um vom russischen Gas wegzukommen.
Deutschland, das in hohem Masse von russischem Gas abhängig ist, hat zudem gerade eine Partnerschaft mit Katar unterzeichnet. Ein Teil dieses vereinbarten Pakets sieht vor, Flüssiggas kaufen zu können. «Schweizer Unternehmen können beantragen, daran beteiligt zu werden», sagte Habeck dazu.
Das Abkommen betrifft vorerst nur die Gasversorgung. Aber auch beim Strom möchte man sich unterstützen. Bundesrätin Sommaruga machte deutlich, dass die Schweiz für die Netzstabilität in Europa eine wichtige Rolle spielen kann. Konkret meinte sie die Schweizer Pumpspeicherwerke, die Engpässe in der Stromversorgung überbrücken können, auch in der Region Süddeutschland.
Verhältnis Schweiz-EU war auch Thema
Auch die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU kam am Treffen der beiden Länder zur Sprache. Habeck möchte vermitteln: «Nächste Woche reise ich nach Brüssel und werde Herrn Sefcovic einige Vorschläge unterbreiten, wie die Gespräche Schweiz-EU wieder aufgenommen werden könnten.» Welche Vorschläge er konkret vorbringen möchte, liess er noch offen.
Der EU-Vizekommissionschef Maros Sefcovic ist zuständig für das Dossier «Schweiz».
Appell wegen Munitionslieferungen
Habeck kam auch auf die in der Schweiz gekaufte Munition zu reden, die Deutschland gerne in die Ukraine liefern würde, was der Bundesrat aber untersagte. «Auch in Deutschland und gerade in meiner Partei gab es vor diesem Krieg eine politische Haltung, die besagte: ‹Wir liefern keine Kriegswaffen in Kriegsgebiete.› Das ist klar geändert worden, und das entspricht auch meiner persönlichen Meinung.» Habeck sprach zwar über Deutschland, richtete sich aber an die Schweiz.
«Ich glaube, wir lernen alle in dieser Phase, dass wir unsere Haltung noch einmal an der Wirklichkeit messen müssen.» Ein Gesetz, das blind sei gegenüber Russland und der Ukraine, werde dieser Wirklichkeit nicht gerecht. «In Deutschland ist die Entscheidung gefallen, diese Haltung zu verändern.» Und an die Adresse des Bundesrats gerichtet, sagte er: «Ich würde mir wünschen, dass wir der Ukraine maximale Unterstützung zukommen lassen, damit sie sich verteidigen kann.»