Vincenzo Fidale ist seit sieben Jahren Teil des Careteams der Basler Verkehrsbetriebe BVB. Sein Team betreut Tramchauffeure, Busfahrerinnen oder anderes Personal, das von Fahrgästen angepöbelt, beschimpft oder gar körperlich angegriffen wurde. Auch bei Unfällen sind sie im Einsatz.
Viele Leute seien gestresster, ungeduldiger und aggressiver, stellt Fidale fest. Die Gewaltbereitschaft habe auch im öffentlichen Verkehr in den letzten Jahren zugenommen. «Die Hemmschwelle ist gesunken.»
Immer wieder komme es vor, dass der Frust beim Fahrpersonal abgeladen werde. Auch die vielen Baustellen spielten eine Rolle, ist Fidale überzeugt. Diese führten immer wieder zu Verspätungen im ÖV und Frust unter den Fahrgästen. Unlängst eskalierte beim Claraplatz die Situation, als ein Fahrgast auf einen Tramchauffeur losging. Die Polizei musste eingreifen, der Chauffeur kam ins Spital.
Erlebtes wird unterschiedlich verarbeitet
Auch in diesem Fall kam das Careteam zum Einsatz: «Ich rede in solchen Fällen mit dem Mitarbeiter und hole ab, was passiert ist. Man merkt schnell, ob es noch weitere Schritte braucht.» Vorfälle mit physischer oder verbaler Gewalt werden von den Betroffenen ganz unterschiedlich verarbeitet.
Während für die einen ein Gespräch reicht, können andere längere Zeit nicht mehr zurück in den Führerstand. Fälle wie beim Claraplatz seien jedoch eine Ausnahme, betont Fidale und hält fest, dass er und sein Team häufiger zu Verkehrsunfällen ausrücken müssen als zu Vorfällen, bei denen Gewalt im Spiel ist.
Während das Careteam der BVB unterdessen seit 15 Jahren dem Personal Hilfe anbietet, bauen andere Unternehmen ein solches Team erst auf. Zum Beispiel die Baselland Transport AG BLT, die zahlreiche Bus- und Tramlinien im Baselbiet betreibt.
Derzeit würden mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult, bestätigt BLT-Betriebsleiter Andreas Berwick. Ab dem nächsten Jahr soll das Team dann erste Einsätze leisten können. Insbesondere auch am Wochenende, wenn der Alkoholkonsum hoch und die Hemmschwelle tief ist.
Wie oft das Careteam konkret zum Einsatz kommt, kann die BVB nicht sagen. Man führe keine Statistik, heisst es auf Anfrage.
Doch die Zunahme der Gewaltbereitschaft im öffentlichen Verkehr bestätigt auch der Verband des ÖV-Personals transfair. Viele regionale Verkehrsbetriebe und natürlich auch die SBB arbeiten denn auch bereits vermehrt mit solchen speziell ausgebildeten Teams. Die SBB plant laut transfair derzeit sogar eine eigene Schulungsanlage.
Careteams betreuen nicht nur Opfer von Vorfällen, sondern sie geben auch Tipps, wie man sich in Gewaltsituationen verhalten sollte. An erster Stelle stehe immer der Versuch, die Fahrgäste zu beruhigen, erklärt Vincenzo Fidale.
Oft reicht schon, wenn man sagt: Sie haben recht.
Dazu gibt er verschiedene Tipps: «Oft reicht schon, wenn man sagt: Sie haben recht. Es tut mir leid, ich hoffe, sie kommen dennoch gut ans Ziel.» Man sollte sich in gewissen Situationen also auch mal entschuldigen, obwohl man gar keine Schuld trägt an der Situation. Das Ziel: Eine Eskalation auf jeden Fall verhindern.
Oberstes Ziel: Situation beruhigen
Wenn auch dies nichts hilft, sollte umgehend die Polizei oder der private Sicherheitsdienst alarmiert werden. Dieser ist in Basel seit längerer Zeit in den Nachtbussen und -Trams in der Region Basel unterwegs, ebenfalls mit dem Auftrag, in Gewaltsituationen deeskalierend einzugreifen und zu beruhigen.