Heute ist «Equal Pay Day», der Tag der Lohngleichheit. Das Datum ist nicht zufällig gewählt: Wenn man die Löhne von Männern und Frauen vergleicht, dann hätten Frauen vom Jahresanfang bis heute gratis gearbeitet, denn sie verdienen im Schnitt 14 Prozent weniger. Elisabeth Bosshart präsidiert das Netzwerk berufstätiger Frauen, welches den «Equal Pay Day» initiiert hat. Ihr geht das Angleichen der Löhne von Männern und Frauen nicht schnell genug.
SRF News: Bei der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau besteht immer noch ein Graben. Haben Sie die Geduld noch nicht verloren?
Elisabeth Bosshart: Der Graben schliesst sich viel zu langsam. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, sind wir irgendwann in 30 Jahren bei Lohngleichheit. Aber eigentlich müsste das schon etwas schneller gehen.
Vor zehn Jahren haben Sie zum ersten Mal den «Equal Pay Day» in der Schweiz durchgeführt. Was hat sich seither verbessert?
Man redet jetz darüber, es ist kein Tabu mehr. Alle sind der Meinung, das dürfe nicht weiter so sein. Sowohl die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch die Unternehmen sind mittlerweile sensibilisiert auf das Thema.
Die Politik schreibt Lohnanalysen für Firmen mit über 100 Vollzeitstellen vor. Sie sagen, nun sei die Wirtschaft dran. Wie meinen Sie das?
Jene Unternehmen, die diese Lohnanalysen bisher freiwillig durchgeführt haben und feststellten, dass in ihrem Betrieb tatsächlich an einzelnen Stellen Lohnunterschiede vorliegen, haben diese Lücken geschlossen. Beziehungsweise, sie haben eine Planung aufgestellt, in welchen Schritten sie gedenken, diese Lücke zu schliessen.
Wir erwarten, dass die Wirtschaft auch die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus zieht.
Die Wirtschaft soll jetzt nicht nur rasch – sobald das Gesetz in Kraft ist – mit den Lohnanalysen beginnen, sondern auch die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus ziehen und schauen, woran die Lohnunterschiede liegen. Und wir hoffen, dass diese Lücken tatsächlich geschlossen werden.
Wie soll das gehen, wenn kein gesetzlicher Druck besteht?
Ich gehe davon aus, dass die allerwenigsten Menschen mit Absicht und aus reiner Boshaftigkeit andere Menschen diskriminieren. Wenn man aber genauer hinschaut und feststellt, so sollte es nicht sein, dann sind die meisten Menschen auch bereit, etwas zu ändern – und auf das setzen wir eigentlich.
Das Gespräch führte Christine Wanner.