Tatort Strättligwald bei Thun. Vor rund einer Woche ist dort eine 5G-Antenne fast komplett abgebrannt. Kritzeleien vor Ort deuten darauf hin, dass das Ziel die 5G-Technik war. Es ist einer der bisher heftigsten Attacken dieser Art. Die Antenne wird von Sunrise betrieben. Auf Anfrage heisst es dort, dass man den gesamten Schaden noch nicht exakt abschätzen könne. «Er könnte sich auf mehrere Hunderttausend Franken belaufen.»
Die Berner Kantonspolizei geht von einem Brandanschlag aus. Bei einer anderen Antenne in der Region wollten Polizisten einen verdächtigen Mann kontrollieren, welcher versuchte zu flüchten. «Ein Diensthund konnte ihn stellen. Ob ein Zusammenhang besteht, ist unklar. Die Ermittlungen laufen», sagt Christoph Gnägi, Sprecher der Kantonspolizei Bern.
Kanton Bern als Hotspot der Attacken
Im Kanton Bern häufen sich solche und ähnliche Fälle. Ab Ende 2018 gab es mutmassliche Attacken auf 5G-Anlagen in Burgdorf, Langenthal und Grosshöchstetten. Etwas später eine in Thun. Und seit Ende Februar sind in der Region Thun drei weitere Fälle hinzugekommen. Unter anderem der Anschlag auf die Sunrise-Antenne im Strättligwald. Das sind total sieben Vorfälle im Kanton Bern in den letzten zwei Jahren. Ob es einen Zusammenhang gibt, ist laut Polizei unklar.
Beim Verband der Mobilfunkanbieter stellt man schweizweit eine Zunahme solcher Vorfälle fest. Die meisten davon seien im Kanton Bern passiert, weitere in der Romandie und im Wallis, sagt Peter Grütter, Präsident Verband der Telekommunikation Asut.
Das sind keine Lausbubenstreiche.
«Da steckt enorme kriminelle Energie dahinter. Es geht um Brandanschläge oder Sabotieren von Halterungen.» Das seien keine Lausbubenstreiche, so Grütter.
Der Verein «Schutz vor Strahlung» kämpft gegen 5G. Laut eigenen Angaben zählt der Verein anderthalbtausend Mitglieder. Die Präsidentin Rebekka Meier betont, dass ihr Verein ausschliesslich mit legalen Mitteln gegen 5G kämpfe: «Das ist eine sehr erschreckende Entwicklung und wir verurteilen diese Anschläge», so Meier. Gleichzeitig stelle sie bei ihren Mitgliedern zunehmend eine Frustration und Ohnmacht fest. Für sie gehe die Einführung von 5G viel zu schnell.
5G ist auch oft Teil von Verschwörungstheorien
Der Genfer Investigativjournalist Sami Zaibi hat intensiv zu 5G recherchiert. Der Protest gegen 5G sei zu 98 Prozent friedlich, sagt er. Warum radikalisiert sich also ein kleiner Teil der Bewegung? «Ich denke, die Situation der Pandemie spielt eine Rolle. Einige stehen mit dem Rücken zur Wand», so Zaibi. Auch die Algorithmen in sozialen Medien, welche radikale Ansichten favorisieren, spielen laut ihm eine Rolle.
Vor allem in sozialen Medien würden zum Teil auch Verschwörungstheorien eine Rolle spielen, sagt Sami Zaibi, Journalist beim Online-Magazins Heidi.news. Er hat monatelang verdeckt in Kreisen von Verschwörungstheoretikern recherchiert. 5G sei immer wieder Thema, so Zaibi.
Rebekka Meier vom Verein «Schutz vor Strahlung» hofft unterdessen, dass es keine weiteren Attacken auf Antennen gibt. «Wir haben in den letzten Jahren einen konstruktiven Dialog aufgebaut.» Attacken auf Antennen würden nur diesem Dialog schaden, so Meier.