Das BAG räumte an der heutigen Medienkonferenz ein, die SwissCovid-App funktioniere noch nicht so gut. Umso wichtiger ist deswegen die Arbeit der manuellen Contact Tracer. Durch Gespräche und Telefonate versuchen sie mithilfe der Infizierten, die Ansteckungsketten zurückzuverfolgen und Kategorien zu bilden.
Im Kanton Aargau hält man bereits seit Mai fest, wer sich in der Schule, am Arbeitsplatz, im Ausland oder in der Familie angesteckt hat. «Wir haben primär geschaut, wo der enge Kontakt entstehen kann, haben entsprechende Kategorien gebildet und ordnen die Leute zu», sagt die Aargauer Kantonsärztin Yvonne Hummel. «Wenn man sieht, dass sich in gewissen Themen die Leute anstecken, würde man dort Massnahmen ergreifen.»
Spätzünder und Musterschüler
Wie im Kanton Aargau machen es auch die meisten Kantone. Einige sind dabei Spätzünder und haben erst im Juli oder August damit angefangen. Doch einige Kantone vernachlässigen diese Erhebungen vollkommen, wie die Umfrage von SRF zeigt. In Schwyz, Thurgau und Wallis ist man noch am eruieren und hat bisher keine Statistiken zu diesem Zeitraum erhoben. Luzern, Jura und Neuenburg erheben dazu gar keine Statistik.
Rudolf Hauri präsidiert die Vereinigung aller Kantonsärztinnen und -ärzte in der Schweiz. Er betont, wie wichtig das Festhalten dieser Statistiken sei, insbesondere um Hotspots zu identifizieren, um das Virus einzudämmen. «Die Ansteckungsorte spielen für uns eine wichtige Rolle, um Infektionsketten zurückzuverfolgen und Hotspots, wo Risiken bestehen, zu erkennen.»
Doch das sei teilweise sehr schwierig. Selbst bei einer qualitativ hochwertigen Erhebung ist der Erfolg der Kantone noch nicht garantiert. Der Erfolg hängt auch von der Höhe der Einwohnerzahl und der Fallzahl ab, wie der oberste Kantonsarzt betont. «Die Herausforderungen sind vielfältig. Wir sind abhängig von dem, was uns von den angesteckten Leuten gesagt wird. Andererseits muss man diese Orte auch identifizieren können. Es dürfen nicht vage Angaben, sondern es müssen genaue Angaben sein.»
BAG für einheitliche Erhebung
Trotzdem zeigt die Umfrage von SRF, dass die meisten, welche die Statistik erheben, immerhin zwischen 30 und 70 Prozent der Ansteckungsketten zurückverfolgen können. Nach etlichen Berichten des SRF über diese Problematik räumt nun das BAG ein, es müsse eine einheitliche Erhebungsstrategie geben.
An der Medienkonferenz in Bern konfrontiert SRF Gesundheitsdirektor Stefan Kuster mit der Umfrage. Müssten die Kantone nun nicht endlich nach einheitlichen Kriterien Ansteckungsort und -weise erfassen? «Wir sind im Moment zusammen mit den Kantonen im Aufbau einer solchen Contact-Tracing-Datenbank und sind auch recht weit fortgeschritten.»
Steinharte Daten, wo genau sich die Leute angesteckt haben, werden wir nie haben.
Das BAG erwarte, dass es in wenigen Wochen oder Monaten ein solches System habe, das zulasse, genauere Aussagen machen zu können. «Sie sagen aber, es sind Vermutungen. Es werden noch lange Vermutungen bleiben. Steinharte Daten, wo genau sich die Leute angesteckt haben, werden wir nie haben», so Kuster.
Aber bis es so weit ist könnten noch Monate vergehen. Bis dahin müssen die Kantone selbstständig erfassen, wer sich vermutlich wie angesteckt hat. Letztlich sind die Tracer jedoch auf das Erinnerungsvermögen der Infizierten angewiesen. Oder wissen Sie noch genau, mit wem sie vor zehn Tagen alles engen Kontakt hatten?