Während der Pandemie ist der öffentliche Verkehr wegen der vielen Menschen auf engem Raum vielen nicht mehr ganz geheuer. Aktuell werden hierzulande rund 20 Prozent weniger Fahrgäste verzeichnet als vor der Pandemie. Im Verdacht für eine mögliche Übertragung von Coronaviren im öffentlichen Verkehr stehen dabei vor allem die Aerosole, kleinste Tröpfchen, die auch trotz Maske in die Luft gelangen. Doch wie verbreiten sich Aerosole tatsächlich im Bahnwaggon?
Michael Riediker ist Professor für Risikoanalyse und Direktor des Schweizerischen Zentrums für Arbeits- und Umweltgesundheit. Er hat für SRF in einem Traverso-Zug der Südostbahn die Aerosolausbreitung getestet und visualisiert – mit harmlosem Theaternebel und einer Puppe. Die Verbreitung des Nebels zeigt einerseits, dass wenn die Maske nicht korrekt getragen wird, viel Luft und damit Aerosole auf der Seite der Maske austreten. «Das wäre je nachdem, wie stark die Person ansteckend ist, problematisch.» Wohl vor allem für Personen, die direkt daneben sitzen würden.
Die Klimaanlage zieht die Aerosole ab
Andererseits zeigen die Bilder aber auch, dass der Theaternebel von der Klimaanlage oben abgesaugt wird. Denn moderne Züge wie dieser Traverso werden ständig mit viel Frischluftanteil belüftet und klimatisiert. Michael Riediker: «Wir sehen eigentlich, dass die Klimaanlage lokal funktioniert. Es werden praktisch keine Aerosole auf die Distanz transportiert. Wenn ich also ein, zwei Abteile von anderen Personen entfernt sitze, passiert praktisch nichts.»
Es werden praktisch keine Aerosole auf die Distanz transportiert. Wenn ich also ein, zwei Abteile von anderen Personen entfernt sitze, passiert praktisch nichts.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch eine Studie der Deutschen Bahn und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Untersucht wurde die Verbreitung von Aerosolen in einem klimatisierten ICE-Waggon. Die Studie zeigt einerseits, dass die Aerosol-Ausbreitung mit Maske wesentlich geringer ist als ohne. Andererseits scheint auch die Klimaanlage hilfreich zu sein.
Daniel Schmeling vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt erläutert die Resultate der Studie: «Wir haben wirklich nur auf den direkten Sitznachbarplätzen erhöhte Aerosolkonzentrationen. Sobald wir uns weiter von der Quelle entfernten, konnten wir keine Aerosole mehr erfassen. Es findet also quasi keine Übertragung über die Klimaanlage im gesamten Wagenkasten statt.»
Luft im Zug wird alle sieben Minuten ausgetauscht
Der Traverso-Zug der Südostbahn erneuert alle rund sieben Minuten die Luft im Eisenbahnwagen komplett. Doch bleibt im Nahbereich nicht trotzdem eine Ansteckungsgefahr? Conradin Knabenhans, Mediensprecher der Südostbahn ist überzeugt, dass dank der guten Klimaanlage und der Maskenpflicht das Ansteckungsrisiko in der Bahn sehr gering ist. Er schränkt aber ein: «In dieser Pandemie besteht leider überall dort, wo Menschen aufeinander treffen, ein gewisses Ansteckungsrisiko.»
Zur Ausbreitung der Aerosole in einem Bahnwagen gibt es nun gute Hinweise. Offen bleibt jedoch, wie viele Viren im Aerosol enthalten sind und ab wann das Aerosol ansteckend ist.