Knapp vier Zentimeter lang und nur drei Gramm schwer ist die aus Eisen gefertigte Pfeilspitze, die in Mörigen am südlichen Ufer des Bielersees gefunden wurde.
Der bereits im 19. Jahrhundert entdeckte Gegenstand stammt vom Ende der Bronzezeit (3300 v. Chr. – 1200 v. Chr.), als Eisen erst in Südeuropa bekannt war. Die Spitze wurde kürzlich im Auftrag des Naturhistorischen Museums Bern neu analysiert.
Beda Hofmann, Projektleiter und Meteoriten-Experte des Musems, beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem Meteoriten-Fall vom Twannberg vor ungefähr 160'000 Jahren nördlich des Bielersees.
Es ist der bisher grösste Meteoritenfund in der Schweiz. Er suchte dabei in archäologischen Sammlungen nach Objekten, die schon vor der Eisenzeit (1200 v. Chr. – 550 v. Chr.) eventuell aus Material des Twannberg-Meteoriten entstanden sein könnten.
Die Spur zum «Kaalijarv»
Ein Absturz eines grossen Eisenmeteoriten mit passender chemischer Zusammensetzung hatte sich allerdings während der Bronzezeit in Estland ereignet – mit «Kaalijarv» um 1500 vor Christus. Deshalb auch die Vermutung, die in Mörigen gefundene Pfeilspitze könnte aus einem Fragment des «Kaalijarv» hergestellt worden sein.
Es muss von einem wirklich grossen Meteoriten stammen.
Die Analysen haben nun auch gezeigt, dass der Meteorit gross gewesen sein muss – mit einer Masse von mindestens zwei Tonnen. Damit kann laut Hofmann ein Zufallsfund irgendeines kleinen Stückes von irgendwoher ausgeschlossen werden: «Es muss von einem wirklich grossen Meteoriten stammen.»
Der mögliche Weg an den Bielersee
Die ausgegrabene Pfahlbausiedlung von Mörigen am südlichen Bielersee-Ufer wird auf 800 bis 900 vor Christus datiert. Als die Pfeilspitze hergestellt wurde, war Eisen an sich erst in Südeuropa bekannt. Allerdings gab es bereits während der Bronzezeit Handel über grosse Distanzen in Europa.
So wurde etwa für den Bronzeguss Zinn nach Südengland importiert. Oder Bernstein aus dem Ostseeraum wurde bis nach Nordafrika gehandelt. «So wäre es sicher auch kein Problem gewesen, kleine Mengen von meteoritischem Eisen an den Bielersee zu transportieren», stellt Hofmann fest.
Derartige Objekte aus meteoritischem Material seien sehr selten, betont Hofmann. In ganz Eurasien und Nordafrika seien nur zwischen 50 und 60 solcher Funde bekannt.
Davon stammen viele aus dem Grab des altägyptischen Königs Tutanchamun (ca. 1332 bis 1323 v. Chr.). Das deute darauf hin, dass meteoritisches Eisen damals sehr hoch wertgeschätzt worden sei.
Die Pfeilspitze vom Bielersee wird ab Februar 2024 im Naturhistorischen Museum Bern in der Sonderausstellung «Und dann kam Bronze» gezeigt.