Jeden Tag pendeln in der Schweiz Hunderttausende Menschen zu ihrem Arbeitsort. Wer dafür das Auto nimmt, braucht je nachdem eine Autobahnvignette. Seit 1995 kostet diese 40 Franken im Jahr. In den vergangenen Tagen konnte man in mehreren Medienberichten lesen, der Bundesrat prüfe eine Verteuerung der Autobahnvignette. Entsprechend war dies auch Thema in der «Arena» am Freitagabend. Verkehrsminister Albert Rösti erteilt auf Nachfrage der «Arena» diesem Plan nun aber zum ersten Mal eine Absage: «Eine Erhöhung des Vignettenpreises steht nicht zur Diskussion», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Für eine generell teurere Vignette fanden sich in der «Arena»-Runde keine flammenden Befürworter – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Auto-Schweiz-Präsident Peter Grünenfelder und SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner waren sich einig: Autofahren sei bereits heute genug teuer. Die Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter und Ruedi Blumer, Präsident vom Verkehrs-Club der Schweiz, hingegen sprachen sich dafür aus, dass der Preis der Vignette von der Anzahl der zurückgelegten Kilometer abhängig sein soll.
«Es braucht das Strassen- und das Schienennetz»
Für deutlich hitzigere Diskussionen sorgte in der Runde die Frage, ob die Schweiz mehr Geld in die Strasse oder in die Bahn investieren soll. Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter sagte klar: «Die Politik setzt die Anreize so, dass das Auto momentan attraktiver ist als der ÖV.» Die ÖV-Ticketpreise würden massiv in die Höhe schnellen, während das Autofahren seit 15 Jahren gleich teuer geblieben sei. «Die Klimaziele erreichen wir aber nur mit einem starken ÖV», so Schlatter. ÖV oder Auto? Man dürfe die beiden Systeme «nicht gegeneinander ausspielen», warnte Benjamin Giezendanner. «Nur wegen des Klimas auf die Bahn zu setzen, ist der falsche Ansatz», betonte der SVP-Nationalrat und Transportunternehmer. Die Bevölkerung werde weiterwachsen und so auch das Mobilitätsbedürfnis. «Darum braucht es das Strassen- und das Schienennetz.»
Ruedi Blumer warf ein weiteres Argument in die Runde: Es gehe in dieser Diskussion nicht nur ums Klima, sondern auch um Effizienz. «Das ist doch genau auf Ihrer Seite so wichtig», verpasste der VCS-Präsident seinen politischen Gegnern Giezendanner und Grünenfelder einen Seitenhieb. Fakt sei, dass das Auto im Endeffekt viel mehr Fläche brauche als der öffentliche Verkehr.
Die Wirtschaftskraft der Schweiz können wir nicht mit Lastenvelos erhalten.
Grünenfelder konterte: «Wenn es um Effizienz geht, wird immer viel ausgeblendet.» Die Automobilindustrie investiere unglaublich viel Geld in die Elektromobilität und die Dekarbonisierung des Verkehrs. So könnten Treibhausgasemissionen reduziert werden. Ausserdem, so der Präsident von Auto Schweiz weiter, brauche die Schweiz zwingend gut ausgebaute Strassen. «Die Wirtschaftskraft der Schweiz können wir nicht mit Lastenvelos erhalten.»
Ausbauschritte auf Strasse und Schiene geplant
Nächstes Jahr sollen in der Schweiz verschiedene Ausbauprojekte auf den Schweizer Strassen realisiert werden. Erst kürzlich hat das Parlament Geld für deren Umsetzung gesprochen. Diesen Ausbau hält Giezendanner für wichtig. «Wenn der Verkehr auf der Strasse wieder fliesst und sogar noch mehr Elektroautos fahren, dann sehe ich das Problem nicht», sagte er. Schlatter hingegen sieht den Ausbau des Strassennetzes sehr kritisch. «Die Kapazitätserweiterung wird schlussendlich mehr Verkehr generieren. Wir setzen hier auf etwas, das sehr veraltet ist», so Schlatter.
Auch auf der Schiene soll es bald vorwärtsgehen. In einem nächsten Ausbauschritt will der Bundesrat das Angebot im Fern- und S-Bahn-Verkehr verdichten. Trotz viel Uneinigkeit im «Arena»-Studio waren sich in einem Punkt zum Schluss alle einig: Das Verkehrsaufkommen wird auch in Zukunft weiter zunehmen.