Zum Fahrplanwechsel im Dezember sollen die Billettpreise um 3.7 Prozent ansteigen. Die SBB, die diese Preise mit festlegt, wollte allerdings zunächst gar keine Preiserhöhung. Das zeigen interne Unterlagen der SBB, die auch Radio SRF vorliegen. Der «Sonntagsblick» hatte zuerst darüber berichtet. Bis 2030 waren demnach keine Anpassungen geplant.
Bund verlangte Erhöhung nach Sparentscheid
Dass Bahnfahren jetzt doch teurer wird, hat mit dem Bundesamt für Verkehr BAV zu tun. Dessen Direktor Peter Füglistaler schrieb Ende März in einem Brief an die Verkehrsunternehmen: «Auf 2024 sind Tarifmassnahmen umzusetzen, sowohl national als auch bei den regionalen Tarifverbünden.»
Das für den Bahnverkehr zuständige Bundesamt verlangte also, dass die Billettpreise steigen, insbesondere im Regionalverkehr. Erstaunt zeigt sich deswegen Preisüberwacher Stefan Meierhans. «In dieser klaren Art und Weise eine Erwartung zu formulieren, war bis jetzt nicht üblich.»
Bahnfahren deutlich verteuert
Pikant ist die Forderung des Bundesamts aus zwei Gründen: Erstens sind die Bahnpreise in den letzten 20 Jahren deutlich stärker angestiegen als jene fürs Autofahren. Das zeigt eine Auswertung der «Sonntagszeitung», die ebenfalls gestern erschienen ist.
Während die Betriebskosten pro Kilometer beim Auto gut 4 Prozent anstiegen, nahmen die Preise beim öffentlichen Verkehr um 27 Prozent zu. Noch mehr aufgeschlagen hat das Generalabonnement: Fast 38 Prozent teurer wurde es, verglichen mit 2003.
Ausgebautes Bahnangebot
Der Mediensprecher des Bundesamts für Verkehr, Andreas Windlinger, erklärt, das habe auch mit den Ausbauten der Bahn zu tun. «Neue S-Bahnen, Viertelstundentakte, die Neat am Gotthard und Ceneri: Da stellt sich die Frage, wer diese Mehrkosten bezahlt.» Beim Bund ist man der Meinung: auch die Bahnkundinnen und -kunden.
Das hängt auch damit zusammen, dass der Bund seine Beiträge nicht im ursprünglich geplanten Mass steigern will. Nach der Corona-Pandemie ist der Bund mit Ausgaben an den ÖV zurückhaltender geworden.
Tarifautonomie «stark eingeschränkt»
Der Einsatz des Bundesamts für Verkehr lässt auch aufhorchen, weil die Verkehrsunternehmen die Tarife eigentlich selbst festlegen. Sie verfügen laut Gesetz über Tarifautonomie. Der Brief des BAV-Direktors lässt daran zweifeln, wie frei die ÖV-Unternehmen die Preise tatsächlich festlegen können. Laut der ÖV-Branchenorganisation gebe es zwar einen gewissen Einfluss. Der sei aber unproblematisch.
Preisüberwacher Stefan Meierhans schreibt dazu, de facto sei die Tarifhoheit «stark eingeschränkt». Das hätten ihm Vertreter aus den ÖV-Unternehmen mündlich mitgeteilt. Ein kleiner Trost für die Bahnkundinnen und -kunden: Auch aufgrund der Intervention des Preisüberwachers fällt die Billettpreiserhöhung im Dezember etwas weniger stark aus als ursprünglich angekündigt.