In etwas mehr als 70 Tagen finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Nachdem der amtierende Präsident Joe Biden seine Kandidatur zurückgezogen hat, richten sich alle Augen auf das Duell zwischen der Demokratin Kamala Harris und dem Republikaner Donald Trump. Auch in der Schweiz sorgt die anstehende Wahl für Gesprächsstoff.
Rahul Sahgal, der neue CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, betont, dass die USA wirtschaftlich für die Schweiz von grosser Bedeutung seien. Betrachtet man den gesamten Warenhandel zwischen den beiden Ländern, so sind die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz.
«Beide sind relativ protektionistisch»
Entscheidend für die wirtschaftlichen Beziehungen sei aber nicht allein der Präsident oder die Präsidentin, sagt Sahgal: «Für die Schweiz lief es in den letzten Jahren grundsätzlich immer gut, die Handelszahlen und Investitionen stiegen.» Dies während einer Zeit, in der sowohl Demokraten als auch Republikaner an der Macht waren. Im aktuellen Wahlkampf freue sich die Schweiz als Wirtschaftsland weder auf Harris noch auf Trump besonders, sagt Sahgal. Schliesslich seien beide «relativ protektionistisch» unterwegs.
Ich bin überzeugt, dass Roche und Novartis beten, dass nicht Harris Präsidentin wird.
Dass es gleichwohl einen Unterschied macht, wer an der Spitze der USA steht, bekräftigt Markus Somm. Der Chefredaktor des «Nebelspalters» verweist darauf, dass die Schweiz mit den Republikanern stets weniger Probleme hatte als mit den Demokraten. Gerade im Bereich der Pharmaindustrie werde man deutlich spüren, ob Trump oder Harris an der Macht sei: «Ich bin überzeugt, dass Novartis und Roche beten, dass nicht Harris Präsidentin wird.»
Welche Rolle spielt die Identität?
Nach dem Parteitag der Demokraten, der diese Woche über die Bühne ging, beginnt die heisse Phase des US-Wahlkampfs. Eine Rolle spielt dabei auch die Frage nach der Identität der Kandidierenden. Harris, deren Eltern aus Jamaika und Indien in die USA gekommen sind, wäre die erste Frau an der Spitze der Vereinigten Staaten.
Für Sibel Arslan, Vizepräsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, wäre eine Wahl des «verurteilten Rechtspopulisten» Trump kein gutes Zeichen für die Demokratie. Harris dagegen setze sich für die Rechtsstaatlichkeit ein. «Sie würde die Diversität widerspiegeln, ihre Wahl hätte Signalwirkung für die ganze Welt», so Arslan.
Dass die Identität von Kamala Harris für den Wahlausgang eine Rolle spielen wird, bestätigt auch Claudia Franziska Brühwiler. Sie ist Professorin für amerikanische Kultur und Politik an der Universität St. Gallen. Die Geschichte von Harris würde Menschen inspirieren. «Bis anhin haben es die Demokraten aber vermieden, dies zum zentralen Thema zu machen», so Brühwiler. Stattdessen schiesse die Partei gegen Donald Trump und zeige mit Harris eine Alternative auf.
Uneinigkeit herrscht derweil in der Frage, welchen Einfluss Harris beziehungsweise Trump auf die globale Sicherheitslage und die andauernden Konflikte hätten. Während Somm Bidens aussenpolitische Bilanz als «sehr schlecht» bewertet und Trump mehr zutraut, befürchtet Arslan, dass der Republikaner Unsicherheit und Instabilität bringen würde.