Bis 2050 soll die Schweiz klimaneutral sein. Das ist das Ziel des Klimaschutz-Gesetzes. Die Vorlage ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative. Weil die SVP dagegen das Referendum ergriffen hat, kommt es Mitte Juni zur Volksabstimmung.
In der «Abstimmungsarena» stand insbesondere Umwelt- und Energieminister Albert Rösti im Scheinwerferlicht. Hatte er als SVP-Nationalrat die Vorlage noch bekämpft, vertrat er am Freitagabend die Haltung des Bundesrates. Ihm gegenüber standen in der Hauptrunde zwei Parteikollegen.
Angesprochen auf den Rollenwechsel meinte Rösti: «Ich bin Teamplayer. Deshalb bin ich heute auf dieser Seite. Ich will diese Rolle auch gut meistern.» Dass ein Bundesrat bisweilen Vorlagen contre coeur vertreten muss, gehöre schliesslich zu unserem System. Beim Klimaschutz-Gesetz strich Rösti vor allem die Prävention zum Schutz vor Klimaschäden sowie klimafreundliche Technologien hervor. «Der Verbrauch von Öl und Gas wird dabei nicht verboten, soll aber so weit wie möglich reduziert werden.»
Michael Graber, SVP-Nationalrat und Kampagnenleiter des Referendumskomitees, sprach derweil von einem eigentlichen Stromfresser-Gesetz, das den Strommangel verschärfen und die Versorgungssicherheit gefährden würde. «Wir haben zu wenig Strom und eine wachsende Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund will das Parlament nicht nur aus der Kernkraft, sondern nun auch aus den fossilen Energien aussteigen», so Graber. Das sei verantwortungslos: «Wir können nicht Ziele definieren, ohne zu wissen, wie wir sie erreichen.» Müsste der Strombedarf mit erneuerbaren Energien gedeckt werden, entstünden massive Kosten.
Ich kenne kein schärferes Klimagesetz weltweit.
«Wirklich viel kosten wird es, wenn wir jetzt weiter zuwarten», konterte Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. «Denn die Klimaschäden werden zunehmen.» Nicht ohne Grund seien die Versicherer und Kantone für das Gesetz. «Will man etwas gegen die hohen Preise machen, muss man aus den fossilen Energien aussteigen und die Abhängigkeit von Öl und Gas aus dem Ausland verringern.» Das Gesetz leiste hierbei Hilfestellungen, indem es etwa klimaschonende Innovationen fördere.
«Ich kenne kein schärferes Klimagesetz weltweit», rügte hingegen SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher die Vorlage. Da die Ziele im Gesetz «unrealistisch» seien, führten sie früher oder später zwangsläufig zu Verboten. So sei beispielsweise das Ziel, im Heizungsbereich den Ausstoss bis 2040 um 80 Prozent zu reduzieren, mit Freiwilligkeit und dem Ersatz sanierungsbedürftiger Anlagen nicht machbar. «Es ist klar, dass der Bundesrat verpflichtet sein wird, die Bevölkerung zu harten Massnahmen zu zwingen.»
Die meisten Leute hätten gerne eine fossilfreie Heizung, doch vielen fehlt das Geld.
Die Diskussion über den Ersatz fossiler Heizungen rief schliesslich Markus Meier auf den Plan. Der Direktor des Hauseigentümerverbandes Schweiz betonte, das Gesetz sei unnötig. Die Fördermassnahmen brächten nichts: «Wieso will man die Leute nötigen, ihre Heizungsanlage zu wechseln, wenn sie noch funktioniert?» Zudem trage der Eigentümer 80 Prozent der Investitionen in eine neue Heizung selber.
«Die meisten Leute hätten gerne eine fossilfreie Heizung, doch vielen fehlt das Geld», entgegnete SP-Vizepräsident Jon Pult. Das Gesetz sehe keine Verpflichtungen vor, sondern wolle Hand bieten beim Heizungsersatz sowie innovative Projekte fördern. «Man zwingt niemanden, die Heizung zu ersetzen.»
Der Abstimmungskampf zum Klimaschutz-Gesetz dürfte in den kommenden Tagen und Wochen weiter emotional geführt werden. Am 18. Juni entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne über die Vorlage.