Der Armee fehlt mehr als eine Milliarde Franken, weil sie mehr Rüstungsgüter eingekauft hat als geplant. Das zeigen Recherchen von Radio SRF. Am Vormittag gaben Armeechef Thomas Süssli und Verteidigungsministerin Viola Amherd den Sicherheitspolitikerinnen und Politikern im Parlament Auskunft.
«Im Moment gibt es nicht mehr dazu zu sagen. Ausser, dass es in den Armeefinanzen keine Lücke gibt»: Das war die einzige Reaktion von Bundespräsidentin Amherd zu ihrem Auftritt vor der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats. Alles halb so schlimm?
SP-Ständerätin Franziska Roth sagte, sie brauche noch mehr Unterlagen und Informationen: «Ich bin noch nicht definitiv überzeugt. Gewisse Bedenken konnten etwas abgeschwächt werden. Aber für mich ist die Sache noch nicht gegessen.» Auch ihr Ratskollege Werner Salzmann von der SVP tönte noch nicht ganz zufrieden: «Wir sind noch nicht hundertprozentig überzeugt. Wir brauchen noch Unterlagen.»
Im schlimmsten Fall kann der Liquiditätsengpass dazu führen, dass Projekte verschoben, forciert oder Bestellungen im allerschlimmsten Fall annulliert werden müssen.
Überzeugt gab sich jedoch Armeechef Süssli am Nachmittag. Vor den Bundeshausmedien erklärte er, wie die Armee ihre Rüstungsausgaben plane und finanziere. Eine Finanzlücke mit einer Zahl von 1.2 Milliarden Franken sei der Armee zwar nicht bekannt. Doch Süssli räumte ein: «Es besteht ein Liquiditätsengpass. Wir suchen nach Lösungen, um diesen zu begleichen. Im schlimmsten Fall kann es dazu führen, dass Projekte verschoben, forciert oder Bestellungen im allerschlimmsten Fall annulliert werden müssen.»
Dazu gekommen ist es unter anderem, weil die Armee viel früher mit zusätzlichen Milliarden gerechnet hat – unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs hat das Parlament das Armeebudget kräftig aufgestockt. Die Armee rechnete deshalb mit mehr Geld für ihre Rüstungskäufe. Doch wegen der prekären Finanzlage des Bundes verlangsamte das Parlament die zusätzlichen Milliarden für die Armee um mehrere Jahre.
«Aufgrund des Ukraine-Kriegs und der geplanten Erhöhung des Budgets bis 2030 wurde die Planung höher angesetzt als ursprünglich angedacht», so der Finanzchef Verteidigung, Gerhard Jakob, vor den Medien. Die Rüstungsfinanzierung für 2024 sei jedoch sichergestellt.
Süssli spricht von üblichem Vorgehen
Für die weiteren Jahre könnten fällige Zahlungen für Rüstungskäufe auf später verschoben werden, so Armeechef Süssli: «Es ist die Norm, dass bewilligte Verpflichtungskredite aus Rüstungsprogrammen über mehrere Jahre gestaffelt abbezahlt werden. Wir haben auch heute noch Verpflichtungen aus Rüstungsprogrammen offen, so etwa aus 2013.»
Die versprochenen Gelder werden also auf verschiedene Jahre verteilt. Das sei ein üblicher Prozess bei der Rüstungsplanung: Man verhandle mit Lieferanten und passe die Mechanismen an. «Für das Jahr 2025 werden im Liquiditätsmanagement wiederum Verhandlungen mit Lieferanten notwendig sein und Lösungen zur Stundung der Zahlungen müssen gesucht werden. Dies kann im schlimmsten Fall zu verspäteten Lieferungen und Verzögerungen in Projekten führen.»
Erschwerend komme dazu, dass seit vielen Jahren die Betriebsausgaben, die Teuerung und die Kosten für die Digitalisierung ansteigen würden. «Dieser Prozess des jährlichen Voranschiebens, Verhandelns und der Lösungssuche wird sich noch bis mindestens ins Jahr 2028 wiederholen.» Aufgrund dieser Umstände hat die Armee einen Engpass bei der Liquidität. Das Aufschieben des Beschaffungsprozesses geht also noch jahrelang weiter.