Weihnachten steht vor der Tür und mit ihm der Stress um die Besorgung der letzten Weihnachtsgeschenke. Doch nicht alle Menschen können sich Geschenke für ihre Liebsten leisten. In der Schweiz leben laut Caritas 745'000 Menschen, die von Armut betroffen sind. Für sie ist die Weihnachtszeit ein schwieriger Spagat zwischen sparen und Freude bereiten.
Lorenz Bertsch arbeitet für die Caritas und berät Menschen im Raum St. Gallen und Appenzell, die Geldsorgen haben. In der Weihnachtszeit überlegen sie sich gut, ob und wie viel Geld sie für Geschenke ausgeben wollen. Und das sei nicht immer einfach.
Wenn ich den Kindern etwas Gutes tun will und ich habe eh schon kein Geld, dann fehlt mir das nachher.
«Das Problem ist, dass vielfach auch Kinder betroffen sind und die müssen schon das ganze Jahr durch leiden», sagt Bertsch. So können sie bei einem Geburtstag keine grossen Geschenke mitbringen oder nicht in einem Verein dabei sein, weil das Geld schlichtweg fehlt. Gerade an Weihnachten möchten die Eltern dann dem Kind etwas Gutes tun und das sei immer ein schwieriger Spagat, so Bertsch.
Weihnachten kann so für armutsbetroffene Familien zur Schuldenfalle werden. «Wenn ich den Kindern etwas Gutes tun will und ich habe eh schon kein Geld und das Budget geht nicht auf, dann fehlt mir das nachher.»
Der Schuldenberater nennt dies das Frühlingsloch oder die Frühlingsproblematik. «Im Januar, Februar, März, April, Mai kommen ganz viele Rechnungen auf einen zu. Man hat die Franchisen, Nebenkosten flattern rein, die Steuern kommen, dann die Versicherungen auch noch.» Dies sei eine geballte Ladung an Rechnungen und Kosten. Für armutsbetroffenen Menschen sei es schwierig, dies alles zu begleichen.
Immer mehr Menschen von Armut betroffen
Damit armutsbetroffene Familien nicht in eine Schuldenfalle geraten und doch noch ihren Kindern etwas schenken könne, sammelt die Caritas Weihnachtspakete. Im Sarganserland sind innerhalb von zwei Tagen 300 Weihnachtspakete zusammengekommen, die dann an armutsbetroffene Kinder im ganzen Land verteilt wurden.
Dieses Jahr kämen leider mehr Kindern in den Genuss von solchen Geschenken, sagt Bertsch. «Wir geben die Weihnachtspakete bei den Lebensmittelabgabestellen ab und dort haben wir einen Zulauf von immer mehr Menschen.»
Den Zulauf spüre er auch bei seiner Beratung. Bei ihm klopfen 20 Prozent mehr Menschen an – Tendenz steigend. In den Caritasmärkten sind es 40 Prozent mehr Menschen, die Lebensmittel einkaufen.
Wir stehen hier wirklich vor einem grossen Problem, wenn nicht sogar vor einer sozialpolitischen Zeitbombe.
Bertsch schaut mit einem unguten Gefühl auf die kommenden Monate und Jahre. «Wir nehmen an, dass es nächstes Jahr noch schwieriger wird, wenn noch die Nebenkosten dazukommen.» Die Menschen hätten jetzt schon begonnen, Rechnungen, die eigentlich ausserordentlich sind, mit Raten zu vereinbaren.
Der Schuldenberater befürchtet, dass auch Menschen in der unteren Mittelschicht Gefahr laufen werden, in die Armut abzurutschen. «Das Ganze ist kumulativ und wir stehen hier wirklich vor einem grossen Problem, wenn nicht sogar vor einer sozialpolitischen Zeitbombe.»
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