Asylsuchende sollen künftig ihre Mobiltelefone, Tablets oder andere Geräte aushändigen müssen, wenn sie in der Schweiz ein Asylgesuch einreichen und sich nicht ausweisen können.
Der Nationalrat hat eine entsprechende Vorlage seiner staatspolitischen Kommission mit 123 gegen 65 Stimmen angenommen. Die Mehrheit der grossen Kammer war damit der Auffassung, dass dieser Eingriff ins Recht auf Privatsphäre der Asylsuchenden gerechtfertigt ist.
Viele Asylsuchende ohne Ausweispapiere
Der Nationalrat begründet dies mit den Erfahrungen der letzten Jahre. Denn bei 70 bis 80 Prozent der in die Schweiz einreisenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber kann die Identität nicht festgestellt werden, weil sie keine Ausweispapiere auf sich tragen.
Ohne Kenntnis der Identität kann auch die Herkunft der Flüchtenden nicht zweifelsfrei festgestellt werden, was wiederum den Asylentscheid erschwert. Von der Auswertung von elektronischen Geräten erhofft man sich Daten über Identität und Herkunftsland.
Datenlage umstritten
Die Regelung kennen bereits Länder wie Deutschland, die Niederlande, Dänemark und Finnland. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) führte einen halbjährigen Pilotversuch in den Bundesasylzentren von Chiasso und Vallorbe durch, der laut Bundesrat in 15 Prozent der Fälle die gewünschten Daten lieferte.
Entsprechend umstritten war im Rat, ob diese Massnahme tatsächlich etwas nützen wird, wie Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt erklärt. So sprach Grünen-Präsident Balthasar Glättli von einigen wenigen Promillen an brauchbaren Daten, da die Auswertung fehleranfällig sei. SP-Nationalrätin Ada Marra sagte, das Pilotprojekt habe überhaupt keine aussagekräftigen Angaben geliefert.
Mitwirkungspflicht steht im Asylgesetz
In der Schweiz dürfen selbst bei schweren Straftaten wie Mord Daten auf Mobiltelefonen von den Behörden nicht ohne richterlichen Beschluss ausgewertet werden. Dass das bei Asylsuchenden erlaubt sein soll, begründete der Nationalrat mit der bestehenden Mitwirkungspflicht im Asylgesetz.
Dieses hält ausdrücklich fest, dass Asylsuchende ihre Identität offenlegen müssen. Deshalb könne verlangt werden, dass sie auch alle nötigen Beweismittel herausrücken.
Kein Zwang, aber...
Allerdings sollen Asylsuchende nicht gewaltsam dazu gezwungen werden können, ihre Mobiltelefone oder Geräte herauszugeben. Einen entsprechenden Antrag lehnte der Nationalrat ab. Wenn sie allerdings die Herausgabe verweigern, kann das aber laut Vorlage ein Grund sein, das Asylgesuch abzulehnen.
Falls die Vorlage vom Ständerat angenommen wird, heisst das nicht, dass alle Asylsuchenden gleich bei der Ankunft im Asylzentrum ihre Geräte abgeben müssen. Die Herausgabe soll das letzte Mittel sein, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Jeder Einzelfall muss angeschaut werden. Die Geräte werden zudem nach der Auswertung zurückgegeben und die gespeicherten Daten spätestens nach einem Jahr gelöscht.