- Verteidigungsministerin Viola Amherd und Nachrichtendienst-Chef Jean-Philippe Gaudin haben den jährlichen Sicherheitsbericht vorgestellt.
- Sie sehen eine zunehmende Unsicherheit in der Welt. Die verstärkte Rivalität der Grossmächte wirke sich auch auf die Schweiz aus.
- Gleichzeitig sind die obersten Sicherheitsverantwortlichen des Landes mit dem Vorwurf einer neuen Fichen-Affäre konfrontiert.
Wenn die Grossmächte in der Welt erstarken und ihre Macht ausspielen, merkt das auch die Schweiz: Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat vermehrt Cyberattacken festgestellt und kommt zum Schluss, die Spionage werde wichtiger.
Es geschehe schon viel zum Schutz der Schweiz, sagt Verteidigungsministerin Amherd: «Doch wir müssen und können mehr tun. Die Stärkung der Cyberabwehr hat deswegen eine hohe Priorität in meinem Departement.»
Schärfere Massnahmen werden geprüft
Der Nachrichtendienst fokussiert weiter auf die Verhinderung von Terroranschlägen und blickt mit Sorge auf den gewalttätigen Extremismus von links und rechts, der im vergangenen Jahr deutlich zugenommen hat. Deshalb will der Bund nun prüfen, ob es im Kampf dagegen schärfere Massnahmen braucht – etwa das Überwachen von Telefonen oder Wohnungen.
Verteidigungsministerin Amherd betont, dass das sorgfältig und unvoreingenommen geprüft werden müsse, um nicht Richtung Gesinnungs-Strafrecht zu gehen. Doch genau dieser Vorwurf steht seit Donnerstag wieder im Raum: die «WochenZeitung» hatte darüber berichtet, dass verschiedene Organisationen und Politikerinnen beim Nachrichtendienst Akteneinsicht beantragt hätten.
Droht die nächste Fichen-Affäre?
Die Juso und die Grüne Partei warfen dem Nachrichtendienst vor, auf dem rechten Auge blind zu sein und wie zu Zeiten des Kalten Krieges politisch links engagierte Menschen systematisch zu erfassen. Das sei rechtswidrig. Auch die Organisation grundrechte.ch – die Nachfolgerin von «Archiv Schnüffelstaat Schweiz», die nach der Fichen-Affäre entstanden ist – hat Einsicht in die Akten des Nachrichtendienstes verlangt.
Wir dürfen nur gewalttätigen Extremismus bearbeiten und keinen rein politischen oder ideologischen.
Ihr Präsident, Rechtsanwalt Viktor Györffi, stellt fest: «Es steht klar im Nachrichtendienstgesetz, dass politische Betätigung nicht beobachtet und erfasst werden darf.» Jedes Mal, wenn hingeschaut worden sei, habe man aber feststellen müssen, dass der Nachrichtendienst diese Schranke missachtet habe.
Parlamentarische Aufsicht prüft Vorwürfe
Dem widerspricht NDB-Direktor Gaudin. Der NDB spioniere keine Politikerinnen und Politiker aus. Er erfasse also nur Taten im Zusammenhang mit gewalttätigem Extremismus: «Dabei ist der NDB an das Gesetz gebunden. Das bedeutet, dass wir nur gewalttätigen Extremismus bearbeiten dürfen und keinen rein politischen oder ideologischen.»
Die unabhängige und die parlamentarische Aufsicht des Nachrichtendienstes werden dem Vorwurf nachgehen. Die GPDel wird sich bereits kommende Woche damit befassen, wie ihr Präsident auf Anfrage von Radio SRF bestätigt.