«Man kennt Peter Bichsel einfach.» Oder: «Man ist ihm oft begegnet.» Wer sich in Solothurn nach dem verstorbenen Autor erkundigt, hört solche Sätze öfters.
Peter Bichsel gehörte fest zum Stadtbild der Kantonshauptstadt. Nachdem er hier das Lehrerseminar absolviert hatte, blieb er Solothurn treu. Er wohnte lange Jahre in Bellach, einem Vorort von Solothurn.
Viele verbinden mit dem Namen von Peter Bichsel das Restaurant Kreuz. In der ältesten Genossenschaftsbeiz der Schweiz war Peter Bichsel lange Zeit Stammgast. «Er hat uns seit der Gründung unterstützt», sagt Felix Epper, Co-Geschäftsleiter der Genossenschaft Kreuz.
Er wollte als Mensch wahrgenommen werden.
«Nachdem ein neues Buch von ihm erschienen ist, hat er jedes Interview hier im Kreuz durchgeführt und so das Restaurant bekannt gemacht.» Felix Epper kannte Peter Bichsel als stillen, bescheidenen Menschen. «Er war nie der grosse Unterhalter. Er wollte als Mensch wahrgenommen werden, nicht als wichtige Person.»
In den letzten Jahren traf man Peter Bichsel weniger im Kreuz, dafür häufiger im Restaurant Vini auf der anderen Seite der Aare, in der Solothurner Vorstadt. Manchmal habe er einen Kaffee getrunken, erinnert sich Geschäftsleitungsmitglied Lukas Heutschi. «Normalerweise traf er aber erst um 17 Uhr ein und trank ein Glas Rotwein, manchmal auch ein Zweites.»
Wenn er etwas erzählte, war es mucksmäuschenstill.
Dabei habe Bichsel immer den günstigen Wein bestellt, den Hauswein. Trotzdem sei Peter Bichsel ein sehr gerne gesehener Gast gewesen, betont Lukas Heutschi. Der Schriftsteller habe sich mit den Gewerblern unterhalten, die im Vini vorbeischauten. «Wenn er eine Anekdote aus seinem Leben erzählte, war es mucksmäuschenstill.»
Auf Bichsels Spuren in Solothurn
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Bild 1 von 3. Das Restaurant Vini in Solothurn. Vor etwa zwei Wochen war Bichsel das letzte Mal in diesem Lokal zu Gast. Bildquelle: SRF/Bruno von Däniken.
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Bild 2 von 3. Kurt Fluri war 28 Jahre lang Stadtpräsident von Solothurn. So ist er Peter Bichsel auch wiederholt in den Gassen begegnet. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 3 von 3. Franco Supino ist Solothurner Schriftsteller und war ein guter Bekannter von Peter Bichsel. Bildquelle: SRF.
Ende der 1970er-Jahre war Peter Bichsel Mitinitiant der Solothurner Literaturtage, die sich bald zum wichtigsten Schweizer Literaturtreffen entwickelten.
Bichsel politisierte gerne
Im Vorstand der Solothurner Literaturtage sitzt mittlerweile Kurt Fluri. Der langjährige Solothurner Stadtpräsident kannte Peter Bichsel auch deswegen, er habe ihn aber ab und zu auf der Strasse getroffen. «Wir haben immer politisiert. Es war offensichtlich, dass er die Freisinnigen nicht gerne hat», erinnert sich der ehemalige FDP-Politiker.
Ich war ja Offizier. Davon hielt er gar nichts.
Peter Bichsel war lange Jahre Mitglied der SP und Redenschreiber von SP-Bundesrat Willi Ritschard. «Auch mich hat er zu Beginn sehr skeptisch betrachtet», sagt Kurt Fluri. «Ich war ja Offizier, davon hielt er gar nichts.» Dann habe Bichsel aber bemerkt, dass er, Fluri, sich für Kultur einsetze. «Von dem her hat er mich respektiert, würde ich sagen.»
Politisch auf der gleichen Wellenlänge wie Bichsel befand sich Franco Supino. Der Solothurner Autor sitzt für die SP im Gemeinderat der Stadt. «Bichsels Texte haben mich animiert zu lesen und zu schreiben», sagt der Schriftsteller.
Jahrelang hätten er und Bichsel Spiele des FC Solothurn besucht. «Auf der Holztribüne sassen wir immer zuhinterst. Einen Fussballmatch schauen ist eine sehr schöne Art nebeneinanderzusitzen und zu schweigen.» Deshalb kommt Supino zum Schluss, dass er mit Bichsel nicht nur gute Gespräche führen konnte, sondern: «Man konnte mit ihm auch wunderbar schweigen.»
Kurz vor seinem 90. Geburtstag ist Peter Bichsel am Samstag verstorben. Nicht nur den Solothurnerinnen und Solothurner wird er fehlen.