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Auf den Spuren des Literaten Auf ein Glas Rotwein: Solothurn erinnert sich an Peter Bichsel

Der verstorbene Autor Peter Bichsel war oft in Solothurn unterwegs. Eine Spurensuche mit Bekannten und Weggefährten.

«Man kennt Peter Bichsel einfach.» Oder: «Man ist ihm oft begegnet.» Wer sich in Solothurn nach dem verstorbenen Autor erkundigt, hört solche Sätze öfters.

Peter Bichsel gehörte fest zum Stadtbild der Kantonshauptstadt. Nachdem er hier das Lehrerseminar absolviert hatte, blieb er Solothurn treu. Er wohnte lange Jahre in Bellach, einem Vorort von Solothurn.

Älterer Mann mit Gehstock geht durch eine belebte Strasse.
Legende: Peter Bichsel war gerne in der Stadt Solothurn und sprach mit den Menschen. Das Bild zeigt ihn während der Solothurner Literaturtage im Mai 2015. Keystone/Peter Schneider

Viele verbinden mit dem Namen von Peter Bichsel das Restaurant Kreuz. In der ältesten Genossenschaftsbeiz der Schweiz war Peter Bichsel lange Zeit Stammgast. «Er hat uns seit der Gründung unterstützt», sagt Felix Epper, Co-Geschäftsleiter der Genossenschaft Kreuz.

Er wollte als Mensch wahrgenommen werden.
Autor: Felix Epper Co-Geschäftsführer Restaurant Kreuz

«Nachdem ein neues Buch von ihm erschienen ist, hat er jedes Interview hier im Kreuz durchgeführt und so das Restaurant bekannt gemacht.» Felix Epper kannte Peter Bichsel als stillen, bescheidenen Menschen. «Er war nie der grosse Unterhalter. Er wollte als Mensch wahrgenommen werden, nicht als wichtige Person.»

Mehrere Männer sitzen in einer gemütlichen Kneipe.
Legende: Peter Bichsel im Restaurant Kreuz in Solothurn. Das Foto entstand im Rahmen der Literaturtage 2007. Neben ihm sitzt Pedro Lenz. Keystone/Lukas Lehmann

In den letzten Jahren traf man Peter Bichsel weniger im Kreuz, dafür häufiger im Restaurant Vini auf der anderen Seite der Aare, in der Solothurner Vorstadt. Manchmal habe er einen Kaffee getrunken, erinnert sich Geschäftsleitungsmitglied Lukas Heutschi. «Normalerweise traf er aber erst um 17 Uhr ein und trank ein Glas Rotwein, manchmal auch ein Zweites.»

Wenn er etwas erzählte, war es mucksmäuschenstill.
Autor: Lukas Heutschi Geschäftsleitungsmitglied Restaurant Vini

Dabei habe Bichsel immer den günstigen Wein bestellt, den Hauswein. Trotzdem sei Peter Bichsel ein sehr gerne gesehener Gast gewesen, betont Lukas Heutschi. Der Schriftsteller habe sich mit den Gewerblern unterhalten, die im Vini vorbeischauten. «Wenn er eine Anekdote aus seinem Leben erzählte, war es mucksmäuschenstill.»

Auf Bichsels Spuren in Solothurn

Ende der 1970er-Jahre war Peter Bichsel Mitinitiant der Solothurner Literaturtage, die sich bald zum wichtigsten Schweizer Literaturtreffen entwickelten.

Bichsel politisierte gerne

Im Vorstand der Solothurner Literaturtage sitzt mittlerweile Kurt Fluri. Der langjährige Solothurner Stadtpräsident kannte Peter Bichsel auch deswegen, er habe ihn aber ab und zu auf der Strasse getroffen. «Wir haben immer politisiert. Es war offensichtlich, dass er die Freisinnigen nicht gerne hat», erinnert sich der ehemalige FDP-Politiker.

Ich war ja Offizier. Davon hielt er gar nichts.
Autor: Kurt Fluri Ehemaliger Stadtpräsident Solothurn

Peter Bichsel war lange Jahre Mitglied der SP und Redenschreiber von SP-Bundesrat Willi Ritschard. «Auch mich hat er zu Beginn sehr skeptisch betrachtet», sagt Kurt Fluri. «Ich war ja Offizier, davon hielt er gar nichts.» Dann habe Bichsel aber bemerkt, dass er, Fluri, sich für Kultur einsetze. «Von dem her hat er mich respektiert, würde ich sagen.»

Älterer Mann vor einem Banner mit der Aufschrift 'Journées Littéraires de Soleure'.
Legende: Peter Bichsel spricht am 17. Mai 2012 an den Solothurner Literaturtagen. Er hat die Veranstaltung 1978 mitgegründet. Keystone/Peter Klaunzer

Politisch auf der gleichen Wellenlänge wie Bichsel befand sich Franco Supino. Der Solothurner Autor sitzt für die SP im Gemeinderat der Stadt. «Bichsels Texte haben mich animiert zu lesen und zu schreiben», sagt der Schriftsteller.

Geplante Neueröffnung zum 90. Geburtstag

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Aussenschild mit der Aufschrift 'BB Büro Bichsel'.
Legende: SRF/Bruno von Däniken

In Solothurn wird weiter an Peter Bichsel erinnert werden. Denn seit letztem Jahr gibt es das Projekt «Büro Bichsel». Zu seinem 90. Geburtstag, der kurz bevorstand, sollte in dieser Woche ein weiterer Teil eröffnet werden.

«Büro Bichsel» besteht aus verschiedenen Aspekten: einer mobilen Ausstellung, einer Webseite und einem Lese- und Begegnungsraum in der Altstadt von Solothurn.

Dazu erscheinen in den nächsten Tagen zwei neue Bücher rund um das Werk von Peter Bichsel. Zum einen ist dies eine erweiterte Neuausgabe von «Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen.» Diese Auflage versammelt verschiedene Geschichten von Peter Bichsel, zum Teil sind sie noch unveröffentlicht.

Zum anderen hat das Schweizerische Jugendschriftwerk acht Geschichten für die Schule zusammengestellt. Hinter dem Projekt steht unter anderem Schriftsteller Franco Supino.

Jahrelang hätten er und Bichsel Spiele des FC Solothurn besucht. «Auf der Holztribüne sassen wir immer zuhinterst. Einen Fussballmatch schauen ist eine sehr schöne Art nebeneinanderzusitzen und zu schweigen.» Deshalb kommt Supino zum Schluss, dass er mit Bichsel nicht nur gute Gespräche führen konnte, sondern: «Man konnte mit ihm auch wunderbar schweigen.»

Kurz vor seinem 90. Geburtstag ist Peter Bichsel am Samstag verstorben. Nicht nur den Solothurnerinnen und Solothurner wird er fehlen.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 17.3.2025, 12:03 Uhr ; 

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