In den vergangenen Tagen tauchten im Netz Bilder eines angeblichen Plakats des Bundes auf, auf dem zum Denunzieren von Nachbarinnen und Nachbarn aufgerufen wird, die zu viel Strom verbrauchen.
Die Aktion ist ein Fake. Das Fedpol ermittelt mittlerweile den Fall. Doch zuvor geisterte die Nachricht tagelang in den Sozialen Medien herum – und fand in einem Land besonders Anklang: Russland.
So machte die Nachricht die Runde
Den Stein ins Rollen brachte wohl die Berichterstattung über die Energiestrategie des Bundes.
Am 6. September ging der «Blick» der Frage nach, ob jemand, der gegen die Sparziele verstösst, mit einer Gefängnisstrafe rechnen muss. Internationale Medien nahmen die Geschichte dankend auf – darunter die britische «Daily Mail» und der russische Staatssender «Russia Today».
Vier Tage später – am Nachmittag des 10. September – tauchte dann ein Bild des vermeintlichen Behördenplakats auf dem Messengerdienst Telegram in russischsprachigen Kanälen auf.
Einen Tag später wurde der Post von Wladimir Solowjow geteilt. Eine Million Follower verfolgen, was der beliebte Fernsehmoderator aus Moskau zu sagen hat.
Auch auf Twitter verbreitete sich die Nachricht – und auch hier beteiligten sich russische Stimmen. Ein Portal für eurasische Nachrichten mit einer überschaubaren Anzahl Followern teilte die Nachricht am Nachmittag des 11. Septembers als Erstes. Anschliessend nahmen User in Deutschland, Tschechien und Grossbritannien diese auf. Sogar der russische UNO-Delegierte Dmitri Poljanski retweete die Nachricht, löschte diese aber später wieder.
Die Zeitung «Moskowski Komsomolez», die belarussische Nachrichtenagentur Belta und die für Verschwörungstheorien bekannte slowakische Publikation Zem&Vek griffen das Thema ebenso auf. Der russische Fernsehsender Sputnik hatte bereits am Abend des 10. September über das vermeintliche Schweizer Denunzierungsplakat berichtet.
So wurde das falsche Plakat entlarvt
Gegenüber der Zeitung «20 Minuten» erklärte das dafür zuständige Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) am Sonntag dann, dass hierzulande keinerlei solche Plakate existierten: Bei der vermeintlichen Plakatkampagne handelt es sich um eine Fälschung.
In einem Interview mit dem Tessiner Fernsehen RSI erklärte der italienische Investigativjournalist David Puente, wie die Macher des falschen Plakats mit Hilfe von Photoshop und frei zugänglichen Stockbildern vorgegangen waren. Unterstützung erhielt er dabei von mehreren «Debunkern» aus der OSINT (Open Source Intelligence)-Community.
Sowohl auf Google als auch auf dessen russischem Pendant Yandex lässt sich mittels einer umgekehrten Bildsuche herausfinden, dass die Plakatstelle im falschen UVEK-Plakat als lizenzfreies Bild auf der Plattform Rawpixel erhältlich ist. Wo das Bild ursprünglich aufgenommen wurde und wer der Verfasser ist, ist nicht klar. Eine Anfrage von SRF lässt Rawpixel unbeantwortet.
Auch die Frau am Telefon im vermeintlichen Plakat stammt aus einer Bilddatenbank.
Das sagt der Experte
Lennart Maschmeyer, Cybersecurity-Experte an der ETH Zürich, mahnt gegenüber SRF davor, voreilige Schlüsse über die Urheberschaft zu ziehen: «Grundsätzlich muss man dafür einfach Photoshop beherrschen – was nicht so wahnsinnig schwer ist.» Dass zunächst nur kleine Accounts, mit relativ wenigen Followern, die Nachricht verbreiteten, lasse eher weniger auf eine gezielte Kampagne schliessen.
Für Russland und seine Geheimdienste spiele die Schweiz zudem eine untergeordnete Rolle, was die sogenannte «Subversion», also das gezielte Streuen von Falschinformationen, angeht, so Maschmeyer. Der Experte sagt aber auch: Die Aktion ähnelt dem Vorgehen russischer Akteure in der Vergangenheit.
Der Effekt dieser Aktion auf die Schweizer Bevölkerung wird sich in sehr kleinem Rahmen halten.
Sorgen um eine manipulierte Öffentlichkeit müsse man sich hierzulande aber nicht machen, so Maschmeyer. Internationale Untersuchungen hätten gezeigt, dass fast nirgend in der Welt das Vertrauen der Bevölkerung in die eigene Regierung so gross ist wie hierzulande. «Der Effekt dieser Aktion wird sich in sehr kleinem Rahmen halten.»