- Die Kantone sollen neu die wachsende Wolfspopulation vom 1. September bis zum 31. Dezember mit Zustimmung des Bundes präventiv regulieren können, um Schäden und Gefährdungen zu verhindern.
- Der Nationalrat hat der Änderung des Jagdgesetzes zugestimmt und ist dabei mit 106 zu 74 Stimmen bei zwölf Enthaltungen der kleinen Kammer gefolgt.
- Der proaktive Eingriff auch in ganze Wolfsrudel darf aber die Population nicht gefährden. Voraussetzung ist auch, dass Herdenschutz weder möglich noch zumutbar ist.
Die Frage, ob die Bestände des stark geschützten Raubtiers proaktiv wie beim ebenfalls geschützten Steinbock reguliert werden sollen, löste am Donnerstag im Nationalrat erwartungsgemäss eine emotionale Debatte aus. Umso mehr, als dass das Schweizer Volk erst vor zwei Jahren eine Verschärfung des Jagdgesetzes beim Wolf knapp abgelehnt hatte.
Grüne im Rat chancenlos
Für die Grünen war klar, dass der erneute Anlauf zur Revision des Jagdgesetzes über das Ziel hinausschiesst. Bastien Girod (Grüne/ZH) appellierte, den Wolf nicht nur als Schädling, sondern auch als nützlichen «Waldschützer» zu betrachten, der das biologische Gleichgewicht wahre. Und zwar mit der Regulierung bei Rehen und Hirschen, die den kostbaren Schutzwald vor Verbiss schütze.
Girod räumte ein, dass es Rudel gibt, die «übertreiben». Deshalb müsse man aber nicht ganze Rudel abschiessen. Es genüge, einzelne Tiere zu eliminieren, um die natürliche Scheu der Raubtiere wieder herzustellen.
Befürworter: stark wachsende Wolfspopulation
Die Befürworter der Verschärfung gemäss der parlamentarischen Initiative aus dem Ständerat konterten vehement. Sie betonten, dass sich der Bestand der Wölfe innerhalb von drei Jahren auf rund 200 Tiere in 23 Rudeln verdoppelt habe.
Es sei davon auszugehen, dass bald 500 bis 700 Tiere in der Schweiz herumstreiften und allenfalls Schaden anrichteten und Angst und Schrecken auch nahe von Siedlungen verbreiteten.
«Können Sie sich den psychischen Druck auf das Alppersonal vorstellen, wenn Nacht für Nacht Wölfe um die Herden herumstreichen und wollen Sie das diesen Leuten zumuten», warf Bauernverbandspräsident Markus Ritter (Die Mitte/SG) in die Runde. In etlichen Voten riefen zuvor bürgerliche Vertreter die blutigen Bilder von zerfleischten kleineren und grösseren Nutztieren sowie die Gefahr für Menschen in Erinnerung.
Sommaruga für vorsichtige Anpassung
Der Bundesrat unterstütze das Anliegen, den Wolfsbestand effizient zu regulieren und dabei auch proaktiv vorzugehen, betonte Umweltministerin Simonetta Sommaruga. Die Zustimmung des Bundes müsse dabei gegeben sein. Die Berner Konvention, die den Wolf zu den stark geschützten Arten zählt, bleibe gewahrt.
Es müsse aber auch das kürzliche Volksnein zum revidierten Jagdgesetz respektiert werden, so Sommaruga. Diesbezüglich sei auch die Forderung nach einer ganzjährigen Regulierung des Wolfs nicht ratsam. Eine zentrale Komponente bleibe der Herdenschutz. Dieser allein genüge aber nicht, und deshalb brauche es auch Eingriffe in den Wolfsbestand, sagte sie an die Adresse der Umweltorganisationen Pro Natura, Birdlife, WWF und Gruppe Wolf Schweiz.
Die Geschäft geht nun wegen offener Details nochmals zurück in den Ständerat, welcher der Vorlage seiner Umweltkommission im Herbst mit 31 gegen sechs Stimmen bei vier Enthaltungen grundsätzlich zugestimmt hatte.