Der Kanton Zug hat ein Problem, von dem andere nur träumen können: Er hat Geld, viel Geld – kann es aber nicht ausgeben.
Der Tiefsteuerkanton plante, etwas mehr als eine Milliarde in zwei Umfahrungstunnel zu stecken. Die Bauten hätten die Stadt Zug und das Ägerital vom Verkehr entlasten sollen. Doch daraus wird nichts: Am Sonntag schickte die Zuger Stimmbevölkerung die beiden Tunnel bachab.
Damit bleibt der Kanton Zug nun auf diesem Geld sitzen. Und das wahrscheinlich für längere Zeit: Kostenintensive Projekte sind im Moment keine in der Pipeline.
Eigenkapital in Milliardenhöhe
Bis 2027 rechnet die Zuger Finanzdirektion mit rund 300 Millionen Franken Überschuss jedes Jahr. Das Eigenkapital dürfte von heute gut zwei auf über drei Milliarden Franken anwachsen.
Für Finanzdirektor Heinz Tännler ist klar: Besser zu viel Geld als zu wenig. «Die gute Ausgangslage verdanken wir finanzstarken Firmen und vermögenden Personen, die viel Steuern abliefern.»
Doch irgendwann stelle sich die Frage nach Steuersenkungen: «Wenn wir sehen, dass wir Investitionen über eine längere Zeitspanne bestens meistern können, gleichzeitig aber wahnsinnig viel Geld anhäufen, dann muss man sich schon fragen, ob bei den Steuern nicht Massnahmen angezeigt wären.»
Grüne wollen bezahlbaren Wohnraum fördern
Die bereits heute schweizweit tiefsten Steuern weiter senken, um den Geldberg abzubauen: Für Andreas Lustenberger, Kantonsrat der Alternativen – die Grünen, wäre dies die «banalste Lösung», um das Eigenkapital nicht weiter anwachsen zu lassen.
Und auch jene, die den Zugerinnen und Zugern am wenigsten bringe: «Tiefere Steuern führen zu noch mehr Verdrängung», sagt Lustenberger. «Dann ziehen noch mehr vermögende Menschen hierher, das gibt einfach einen zu hohen Druck auf den Wohnungsmarkt.»
Deswegen sei es wichtig, die gut gefüllte Kantonskasse jetzt zu nutzen, um Gegensteuer zu geben, sagt er – und Massnahmen zu beschliessen, denen die bürgerlich geprägte Zuger Politik bisher kritisch gegenüberstand: «Wir müssen mehr in den Wohnungsbau investieren, welcher der Bevölkerung von Zug zugutekommt.»
Zug solle nicht bloss im Steuerwettbewerb eine Vorreiterrolle einnehmen, sondern auch beim bezahlbaren Wohnraum – oder bei der Mobilität, findet Lustenberger. Etwa beim Ausbau der «Stadtbahn», die die Stadt Zug mit der Agglomeration und der näheren Umgebung verbindet.
Schnellschüsse will niemand
Finanzdirektor Heinz Tännler hingegen warnt davor, nun Geld im grossen Stil zu investieren – bloss, weil ein teures Projekt an der Urne gescheitert ist: «Man kann nie zu viel Geld haben», sagt er. «Die Situation ist wirtschaftlich und politisch volatil.»
Vor gut zehn Jahren sei der Kanton Zug auf einmal in eine finanzielle Negativspirale geschlittert. «Das kann jederzeit wieder passieren. Und dann ist jede Reserve höchst willkommen.»
Der Zuger Kantonsrat Andreas Lustenberger gibt dem Finanzdirektor hier zwar recht: «Es wäre falsch, wenn wir jetzt in einen Bazar-Modus verfallen und das Geld einfach ausgeben. Nur, weil es zur Verfügung stünde.»
Aber es gebe durchaus Herausforderungen, die der Kanton Zug anpacken müsse. Daher ist Lustenberger überzeugt: Die volle Kantonskasse und das Nein der Bevölkerung vom Sonntag zu zwei milliardenteuren Tunnel könnten zu einem Umdenken in der Zuger Politik führen – und zu anderen Ideen als bloss zu Steuersenkungen.