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Bomio: «Zug musste sich über viele hundert Jahre behaupten»
Aus Regionaljournal Zentralschweiz vom 19.12.2022. Bild: SRF/Michael Zezzi
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Geschichte Zuger Finanzplatz So wurde der Kanton Zug zum wichtigen Wirtschaftsstandort

Zug gehört zu den kleineren Kantonen der Schweiz – doch wirtschaftlich ist er bedeutsam, auch international. Im Kanton Zug wird im grossen Stil mit Öl, Gas oder Edelmetall gehandelt. Der Steuersatz ist tief. Hier sind der Rohstoffriese Glencore oder russische Oligarchen zu Hause, weshalb der Kanton auch für negative Schlagzeilen sorgt.

Wie kam es dazu, dass Zug zu den bedeutendsten Finanz- und Handelsplätzen der Schweiz gehört? Der ehemalige Generalsekretär der Zuger Volkswirtschaftsdirektion, Gianni Bomio, geht dem in seinem Buch «Boomjahre» nach.

Gianni Bomio

Autor des Buches «Boomjahre»

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Gianni Bomio stieg nach dem Studium 1985 als juristischer Mitarbeiter bei der Zuger Volkswirtschaftsdirektion ein, arbeitete nebenbei im Anwaltsbüro und wechselte ein Jahr später ganz zum Kanton. Ab 1991 amtete er vier Jahre als stellvertretender Direktionssekretär, von 1995 bis 2019 fungierte er als Generalsekretär der Zuger Volkswirtschaftsdirektion.

SRF News: Wenn Auswärtige über den Kanton Zug reden, dann fallen Schlagworte wie «Wohnort für Superreiche», «internationale Grosskonzerne» oder «Briefkastenfirmen». Stört Sie das?

Gianni Bomio: Zug ist ein sehr erfolgreicher internationaler Wirtschaftsstandort mit einer grossen Zuwanderung aus dem In- und Ausland. Das verändert einen Kanton. Trotzdem gibt es immer noch viele Zugerinnen und Zuger, die hier in einem aktiven Vereinsleben sind. Es ist also nicht so, dass dies ein seelenloser Ort ist, wie das teilweise kolportiert wird.

Wie würden Sie den Kanton Zug beschreiben?

Zug ist zwischen den zwei grösseren Kantonen Zürich und Luzern eingeklemmt. Man musste sich viele hundert Jahren behaupten, war aber auch immer ein Handelsplatz auf der Gotthardroute. Die Leute im Kanton Zug sind sich demnach gewohnt, Geschäfte zu machen. Mindestens bis zur Jahrtausendwende waren die finanziellen Mittel nicht üppig vorhanden.

Zug musste daher schauen, dass man mit schlauen Ideen und relativ wenig Geld etwas bewegen konnte. Dass sich der Kanton dann im internationalen Bereich behaupten konnte, da steckt sicher auch ein bisschen Glück dahinter. Es hat aber auch sehr viel damit zu tun, wie sich der Kanton im wirtschaftlichen Bereich verhalten hat.

Sie untersuchen in Ihrem Buch insbesondere die Entwicklung von 1985 bis ins Jahr 2020. Der Grundstein für den Wandel passierte aber schon viel früher. Der Kanton Zug wurde vom Agrar- zum Industrie- und schliesslich zum Dienstleistungssektorkanton. Wie kam es dazu?

Der internationale Dienstleistungssektor hat sich bereits nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt, unter anderem weil die Schweiz unversehrt war.

Zur Nummer eins wurde der Kanton Zug Mitte der 80er-Jahre.

Zug hatte die gemischten Gesellschaften ab den 50er-Jahre privilegiert besteuert. Mitte der 60er-Jahre kamen langsam die grossen internationalen Unternehmen. Zur Nummer eins wurde der Kanton Zug Mitte der 80er-Jahre. Die Nummer eins werden, das geht. Die Nummer eins bleiben, das ist die grosse Kunst. Und dies hat man bis 2020 geschafft.

Der Kanton Zug steht immer wieder in der Kritik wegen der internationalen Konzernen. Oder wie aktuell gerade wegen der russischen Oligarchen, die im Kanton Zug leben ...

Seit Zug ein internationaler Grosshandelsplatz ist, kommt diese Thematik immer wieder auf. Es sind gut ausgebildete, häufig auch sehr vermögende Leute, die nach Zug kommen. Ich finde diesen Austausch spannend. Dass dies bei einer gewissen Gruppe von Leuten im Kanton nicht so gut ankommt, ist klar. Und dass man damit gut Politik machen kann, ist gleich nochmals klar.

Welches sind die negativen Auswirkungen der Boomjahre?

Die Preise für Eigentums- oder Mietwohnungen sind unglaublich hoch. Zug hat kein Hinterland wie die Kantone Zürich oder Luzern. Das ist ein grosses Problem für Familien: Wenn sie ein Haus oder eine zahlbare Wohnung wollen, müssen sie häufig den Kanton verlassen. Das ist zwar negativ, aber der Preis, den man für den wirtschaftlichen Erfolg zahlt.

Das Gespräch führte Michael Zezzi.

Regionaljournal Zentralschweiz, 18.12.2022, 17:30 Uhr ; 

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