Zum Inhalt springen

Ausstellung Modell Neutralität Aargauer Kunsthaus hinterfragt die Neutralität der Schweiz

Die Schweiz wurde zuletzt von Kriegen weitgehend verschont. Wegen der Neutralität? Um diese Frage geht es in einer Ausstellung in Aarau.

Die Neutralität der Schweiz. Von Politikern wird sie unterschiedlich interpretiert. Eine Zusammenarbeit mit der Nato zum Beispiel, oder die Übernahme von internationalen Sanktionen, sind für die einen diskussionslos mit der Neutralität vereinbar. Für die anderen sind sie ein Bruch mit dem Verfassungsauftrag, «Massnahmen zur Wahrung der Neutralität der Schweiz» zu treffen.

Ein Globus mit der Schweiz als flächenfüllendes einziges Land
Legende: Die Schweiz als Globus: Diese Arbeit von Künstler Guido Nussbaum ist im Aargauer Kunsthaus zu sehen. zvg/ullmann.photography

Um dieses Thema wird immer wieder heftig gestritten. Bald dürfte die Neutralitätsinitiative der SVP, welche 2024 eingereicht wurde, das Thema in der politischen Agenda wieder ganz nach oben katapultieren. Und was in der Politik so leidenschaftlich debattiert wird, ist auch für das Aargauer Kunsthaus interessant.

Was bedeutet unsere Neutralität?

Während die Welt um uns herum in grosser Unruhe ist, leben in der Schweiz viele Menschen in Wohlstand und Frieden. Liegt das an der Neutralität? Was bedeutet diese Neutralität? Die Ausstellung «Modell Neutralität» im Aargauer Kunsthaus geht diesen Fragen nach.

Ausstellungskuratorin Bassma El Adisey (links) und Kunsthaus-Direktorin Katharina Ammann
Legende: Ausstellungskuratorin Bassma El Adisey (links) und Kunsthaus-Direktorin Katharina Ammann führen durch die Ausstellung. SRF/Stefan Ulrich

Man habe dieses Thema im Aargauer Kunsthaus gewählt, weil es aktuell sei, sagt Ausstellungskuratorin Bassma El Adisey. «Wir sind der Meinung, dass Kunst auch ein Ort ist, an dem wir solche Themen miteinander besprechen können.» Künstlerinnen und Künstler hätten die Freiheit, Themen wie die Neutralität kritisch zu betrachten und so neue Perspektiven zu eröffnen.

14 verschiedene Ansätze

In der Ausstellung beleuchten 14 Kunstschaffende mit ihren Arbeiten den politischen und völkerrechtlichen Grundsatz der Neutralität. Die Ausstellung zeigt: Das Verständnis des Begriffs ist sehr unterschiedlich.

Viele Friedens-Flaggen
Legende: Bei der Installation von Markus und Reto Huber (huber.huber) sieht man viele Flaggen zvg /David Aebi

Der Schweizer Künstler Felix Stöckle versucht es zum Beispiel mit Ironie. Er kombiniert bunte Bilder, die Motive der Tourismuswerbung aufgreifen, mit Militärwaffen, in die ein freundliches «Grüezi!» eingraviert ist. Anders ist der Zugang bei Guerreiro do Divino Amor, der 2024 den Schweizer Pavillon an der Biennale Venedig bespielen durfte. Er zeigt eine Reihe animierter Leuchtkästen, in denen die Schweiz als Land erscheint, in dem Geld und Fonduekäse fliessen. Da geht es mehr um die Schweiz allgemein als um Neutralität.

Bei der Arbeit des Installationskünstlers Thomas Hirschhorn handelt es sich eigentlich um eine Kritik am WEF aus dem Jahre 2001: Davos als Modelleisenbahn-Landschaft. Mit kleinen Häuschen – Hirschhorn-typisch aus Karton und Klebeband. Und mit Panzern und Kampftruppen aus dem Spielwarenhandel.

Davos als Modelleisenbahnlandschaft
Legende: Bei der Arbeit von Thomas Hirschhorn gibt es unter anderem Spielzeugsoldaten und eine Modelleisenbahn. zvg/Pro Litteris, David Aebi

Es gibt auch andere thematisch starke Arbeiten wie die von Mirkan Deniz. Die Künstlerin hat sich mit der Rolle der Schweiz bei der Aufteilung Kurdistans an Türkei, Iran, Irak und Syrien beschäftigt. Im Juli 1923 wurde dieser politische Akt, der bis heute für Unruhen sorgt, an einem Tisch in Lausanne besiegelt. Der ehemalige Schweizer Bundespräsident Pascal Couchepin schenkte ausgerechnet diesen Tisch 2008 der Türkei.

«Nicht immer gelungen»

Allerdings vermag die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus aus Sicht von SRF-Kulturredaktorin Alice Henkes nicht immer zu überzeugen. Zwar seien einige künstlerische Arbeiten sehr wohl gelungen, doch: «In der Ausstellung begegnet man manchmal einem seltsamen Nebeneinander von Leichtem und Durchdachtem, von Arbeiten mit sehr speziellem Fokus und solchen, die das Thema eher streifen.»

Einige Arbeiten hätten durchaus mehr Tiefe vertragen können, so Henkes. «Die Ausstellung hat sich viel vorgenommen. Etwas zu viel.»

Kultur-Aktualität, 4.2.2025, 7:06 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel