Die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden seit über zehn Jahren gepriesen. Doch in Arztpraxen und Spitälern sind zahlreiche Abläufe erst einmal komplizierter und aufwändiger geworden: «Es werden unterschiedliche digitale Systeme eingesetzt, die nicht miteinander kommunzieren können», sagt BAG-Direktorin Anne Lévy.
Es geht dabei nicht nur um die digitalen Krankenakten, sondern auch um die Computerprogramme der Untersuchungsgeräte, die ihrerseits Daten erfassen und speichern.
Beispiele sind Labor-Auswertungen, MRI-Darstellungen und vieles mehr. Viele dieser Daten müssten immer wieder neu erfasst werden, beklagt Lévy. «Das erhöht den Aufwand und die Gefahr, dass Daten verloren gehen.»
Mitunter landen Untersuchungsberichte sogar im falschen Patientendossier, wie Untersuchungen zur Patientensicherheit gezeigt haben.
Vereinfachung der Datenerfassung
Mit dem Projekt DigiSanté soll sich das ändern, sodass ein Resultat oder ein Befund künftig nur noch einmal erfasst werden muss. Dafür will der Bundesrat 392 Millionen Franken während der nächsten zehn Jahre lockermachen. Das Projekt kann in vier Schritte unterteilt werden:
- Eine gemeinsame «Sprache». Damit ist die sogenannte Interoperabilität gemeint. Laut BAG-Direktorin Lévy ist dies das «Herzstück», mit dem die Vorteile der Digitalisierung tatsächlich zum Tragen kommen: einfacher, sicherer, transparenter.
- Eine schweizweite Infrastruktur für den sicheren Datenaustausch, inklusive medizinisches Register.
- Digitales Anbieten der Dienstleistungen der Behörden.
- Auswertung der Gesundheitsdaten durch die Forschung.
Ob die 392 Millionen Franken reichen?
Der Plan klinge gut, sagt Alfred Angerer. Der Gesundheitsökonom und Digitalisierungsexperte lehrt an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft ZHAW. Doch er hat zu den Plänen auch kritische Bemerkungen.
So schätzt er die vorgesehenen 392 Millionen Franken als zu knapp bemessen ein. Immerhin: «Wenn das Geld richtig eingesetzt wird, kann man damit wenigstens die Weichen für eine digitale Transformation des Gesundheitswesens stellen.»
Ausserdem hänge der Erfolg von DigiSanté davon ab, wie verbindlich – auch aus rechtlicher Sicht – die Grundlagen ausgearbeitet werden, betont Angerer.