Sandra Burri ist Belegärztin im Berner Salemspital und führt eine eigene Praxis als Kinderärztin. Impfen beschäftige sie jeden Tag, sagt Burri. Eltern hätten viele Fragen: «Inhaltsstoffe sind immer wieder ein Thema.» So glaubten manche Eltern, dass bei einer Impfung auch Quecksilber verabreicht werde – was seit Langem nicht mehr der Fall sei.
Für das Wohl der Kinder
Andere Eltern möchten die Kinder später impfen, wenn das Immunsystem besser ausgebildet sei. Doch dieses funktioniere von Beginn weg gut, weiss Burri. Sie bezeichnet sich selbst als impffreudige Ärztin.
Das Wohl der Kinder stehe für sie im Zentrum. «Es wäre für mich sehr schlimm, wenn ein Kind schwer erkranken würde, weil es nicht geimpft wurde und mir die Eltern vorwerfen würden, ich hätte sie nicht klar genug darauf hingewiesen, wie wichtig die Impfung sei», so Burri.
In der Schweiz gibt es keine Impfpflicht. Der Entscheid wird dem Einzelnen überlassen – bei Kindern also den Eltern. Kinderärztin Burri drängt aufs Impfen und übt dazu auch sanften Druck aus. Wenn die Eltern ihr Kind nicht impfen wollen, empfiehlt sie ihnen, einen anderen Kinderarzt zu suchen.
Bis zu fünf Prozent sind strikte Impfgegner
Impfgegner aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen gibt es in jedem Land. Ihr Anteil liege in der Schweiz bei zwischen drei und fünf Prozent, schätzt Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG). Diese Personen könne man mit Argumenten und Informationen nicht erreichen.
Viel mehr Leute seien jedoch keine kategorischen Impfgegner, sondern bloss verunsichert und würden die Impfungen kritisch hinterfragen. «Sie muss man mit richtigen Informationen erreichen. Denn es gibt im Impfbereich sehr viele Fake News», sagt Koch. Impfkritiker und -skeptiker sollen deshalb besser informiert und vom Impfen überzeugt werden, lautet das Ziel des BAG.
Medizinpersonal besser schulen
Eine weltweit durchgeführte Studie zeigte kürzlich, dass in der Schweiz rund 20 Prozent der Bevölkerung zu den Impfskeptikern gehört. Um sie zu erreichen, will das BAG auch das medizinische Personal ausserhalb der Ärzteschaft nutzen. Eine neue Studie zeigt, dass Hebammen, Pflegefachleute und Mütter- und Väter-Beraterinnen und -Berater über weniger Impfwissen verfügen als Ärzte.
Deshalb will der Bund zusammen mit den Kantonen die Ausbildungspläne für das Gesundheitspersonal überprüfen und anpassen. Zudem sollen mehr Fortbildungen für alle medizinischen Berufsgruppen angeboten werden. Auch Sandra Burri bestätigt, dass es mehr Aus- und Weiterbildung brauche.
Bei der Ausbildung werde das Wissen übers Impfen tendenziell vernachlässigt, ist sie überzeugt. «Es kommt im Studium sicher zu kurz, und auch in der Ausbildung hat es keinen hohen Stellenwert – und in der Pflege ganz sicher nicht.» Deshalb gibt sie für andere Kinderärzte und das Praxispersonal jetzt Informationskurse und organisiert Workshops zum Thema.