Die Nachricht über den Rücktritt von Ruag-Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin ist bereits einige Stunden zuvor durchgesickert. Die Begründung aber lieferte Perrin erst am späten Dienstagabend: Der 65-Jährige zieht die Konsequenzen aus einem Prüfbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle zu den umstrittenen Ruag-Geschäften mit alten Leopard-1-Panzern, der zum selben Zeitpunkt veröffentlicht wurde.
Rücktritts-Entscheid nach Aussprache mit Amherd
«Aus dem Bericht gehen keine zwingenden Gründe für einen Rücktritt hervor», sagt Perrin. Die Geschäfte mit den Panzern hätten aber eine Tragweite erreicht, die zur Belastung werde für die Ruag. «Nach einem Gespräch mit Bundespräsidentin Viola Amherd bin ich deshalb zum Schluss gekommen: Es ist im Interesse des Unternehmens das beste, dass eine neue Persönlichkeit die Ruag weiterentwickeln kann», so Perrin.
Ungereimtheiten, Unstimmigkeiten, Mängel
Tatsächlich dokumentiert der Bericht der Finanzkontrolle eine ganze Kette von Ungereimtheiten. Sie begann mit dem Kauf der 100 italienischen Leopard-1-Panzer vor fast acht Jahren: Anders als vorgeschrieben wurde der Kauf der damaligen Konzernleitung nicht vorgelegt. Die Finanzkontrolle listet Mängel in der Buchführung auf und kritisiert «nicht nachvollziehbare» Kostensteigerungen bei der Lagerung der Panzer in Italien. «Die Aufarbeitung hat gezeigt, dass es bei internen Regelungen und Vorgaben zu Unstimmigkeiten gekommen ist», bilanziert der Direktor der Finanzkontrolle, Pascal Stirnimann.
Ungereimtheiten gab es auch in der Geschäftsbeziehung mit der deutschen Firma GLS. Diese war an bestimmten Umsätzen beteiligt, was die Finanzkontrolle als unnötig taxiert. Später verwickelte sich die Ruag in einen Rechtsstreit mit der GLS: Diese hatte der Ruag 25 Leopard-1-Panzer abgekauft, nicht abgeholt, später aber doch für sich beansprucht. Wer im Recht ist, bleibt laut Finanzkontrolle ungeklärt.
Ruag-Präsident gesteht Fehler ein
Ihr Prüfbericht beleuchtet auch die Rolle des jetzt zurücktretenden Ruag-Verwaltungsratspräsidenten: Nicolas Perrin liess entgegen einer internen Ankündigung über ein Jahr verstreichen, bis er das Verteidigungsdepartement VBS über die Existenz der Ruag-Panzer informierte. «Sicher würde ich heute sagen, dass wir da schneller hätten informieren müssen», sagt Perrin zu SRF. Der abtretende Ruag-Präsident ist seit weniger als vier Jahren im Amt. Er bezeichnet die Leopard-1-Panzer als Altlast aus der Zeit vor seiner Amtszeit. In den letzten Jahren sei viel aufgeräumt worden. «Dabei passierten auch Fehler.»
Kritik auch am VBS
Das Verteidigungsdepartement VBS vertritt den Bund als Eigner gegenüber der Ruag. Die Leute von Verteidigungsministerin Viola Amherd stellen sich auf den Standpunkt, sie hätten erst seit rund einem Jahr bewusst Kenntnis von den Panzern. Die Finanzkontrolle aber dokumentiert, dass das VBS mehr als ein Jahr früher informiert war.
Anfang letzten Jahres wollte die Ruag die Leopard 1 nach Deutschland verkaufen, mit Endziel Ukraine. Das VBS liess das Exportgesuch laufen, am Ende aber verweigerte der Bundesrat die Bewilligung. Die Finanzkontrolle zeigt sich «überrascht», dass die politisch sensiblen Verkaufspläne erst nach diesem Bundesratsentscheid in den offiziellen Eignergesprächen zwischen Ruag und VBS thematisiert wurden.