«Auch einer Grossmacht kann man seine Position erklären – ohne Ärger zu bekommen.»
Micheline Calmy-Rey, alt Bundesrätin: «Heute ist zum Glück ganz normal, dass der Bundespräsident den US-Präsidenten trifft. Als ich 2003 als Aussenministerin verlangte, US-Aussenminister Colin Powell zu sehen, löste das noch eine Polemik aus in der Schweiz. Es war eine heikle Situation, ich wollte die Haltung der Schweiz zu einem Militärschlag in Irak erläutern. Ich sah: Auch einer Grossmacht kann man seine Position erklären – ohne Ärger zu bekommen. Natürlich ohne Arroganz und mit sehr guter Vorbereitung.»
«Bloss nicht moralisieren – Switzerland first!»
Martin Naville, Direktor Schweizerisch-Amerikanische Handelskammer: «Aus Sicht Trumps ist die Schweiz etwa so gross wie New Jersey. Bundespräsident Berset muss deshalb die kurze Zeit nutzen, ihm einzutrichtern, wie wichtig die Schweiz ist: Die Schweizer Unternehmen sind der sechstgrösste ausländische Direktinvestor in den USA – mit 310 Milliarden Dollar. In Forschung und Entwicklung investieren sie gar am meisten. Das bleibt Trump. Hingegen soll Berset bloss nicht moralisieren, das nützt nichts – Switzerland first!»
«Auf die ersten 30 Sekunden kommt es an»
Adolf Ogi, alt Bundesrat: «Auf die allerersten Momente kommt es an, auf die ersten Worte, die ersten 30 Sekunden. Man muss sofort die Aufmerksamkeit und den Respekt des Gastes gewinnen. Man darf sich nur ja nicht unterordnen, sich nicht anbiedern. Man muss klarmachen, dass man auf Augenhöhe miteinander spricht. Von Präsident zu Präsident – das muss man schon in den ersten Sätzen klarmachen. Als ich damals US-Präsident Bill Clinton am WEF traf, hatte ich den Vorteil, dass ich ihn schon kannte. »
«Man muss nicht einfach Harmonie suchen»
Christa Markwalder, Präsidentin parlamentarischer Verein Schweiz-USA: «Wichtig ist, schnell eine gute Atmosphäre zu schaffen. So kommt man auch in einer Viertelstunde in die Tiefe. Das habe ich erlebt, als ich Nationalratspräsidentin war und mein amerikanisches Pendant Paul Ryan in Washington traf. Mit Amerikanern kann man sehr offen und direkt reden. Neben Gemeinsamkeiten sollte Bundespräsident Berset sich nicht scheuen, auch anzusprechen, wie wichtig Freihandel und das Pariser Klimaabkommen sind. Man muss in solchen Gesprächen nicht einfach Harmonie suchen.»
«In Davos gilt ein sehr vereinfachtes Protokoll»
Mauro Reina, Protokollchef Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten: «Ein Präsidenten-Treffen am Rande des WEF ist nicht vergleichbar mit einem offiziellen Besuch in der Schweiz. In Davos gilt ein sehr vereinfachtes Protokoll. Ohne militärische Ehren und roten Teppich und Galadinner. Das Treffen dauert ja höchstens 45 Minuten, da gibt es nur Getränke. Vertreter der Schweiz und der USA sind seit Tagen an den Vorbereitungen. Raum, Stühle, Tische, Flaggen: Alles wird gemeinsam bestimmt. Es wird schlicht und businesslike – WEF halt.»