Eigentlich wollte der Bundesrat mit seiner Vorlage die langen Fristen, bis ein Grossprojekt zur Produktion von erneuerbarem Strom mit Wasser, Wind oder Sonne realisiert werden kann, massiv verkürzen. Die Genehmigungsverfahren sollten deshalb bei den Kantonen konzentriert und die Beschwerdefristen reduziert werden.
Doch der Ständerat nahm dies im Dezember zum Anlass, gleich auch noch das Recht der Verbände, Beschwerde gegen solche Projekte einzureichen, abzuschaffen. Und zwar bei den 16 Projekten zum Ausbau der Wasserkraft, die an einem runden Tisch beschlossen worden sind.
Kommt es zu einem Referendum?
Im Nationalrat ist dies von Links und von den Grünliberalen heftig kritisiert worden. «Meine Damen und Herren, das ist klar gegen Treu und Glauben», sagte der Grünliberale Martin Bäumle. Für SP-Nationalrat Jon Pult war es «ein Verstoss gegen die Zusicherungen von Bundesrat und Parlament und von praktisch allen Sprechenden im Rahmen des Abstimmungskampfes im Rahmen des Stromgesetzes, die gesagt haben: Die Rechtslage bleibt gleich.»
Der Erhalt des Verbandsbeschwerderechts sei der Stimmbevölkerung im Abstimmungsbüchlein versprochen worden, rief die grüne Fraktionspräsidentin Aline Trede in Erinnerung. «Das müssen wir so umsetzen, sonst schaden wir dem Ansehen der Insititution.» SP und Grüne drohten denn auch mit dem Referendum, falls das Verbandsbeschwerderecht beschnitten werden sollte.
Bürgerliche: Man kann nicht alles haben
SVP-Nationalrat Christian Imark hielt dem entgegen: «Irgendwann muss man eben Farbe bekennen, ob man für oder gegen den Ausbau der Wasserkraft ist. Man kann nicht immer erneuerbare Energien propagieren und diese bei jeder Gelegenheit verhindern.»
SVP und FDP stellten sich auf den Standpunkt, dass das Stimmvolk im letzten Jahr eben auch den 16 Wasserkraftprojekten zugestimmt habe. Christian Wasserfallen von der FDP sagte deshalb an die Adresse der linken und grünen Ratsseite: «Sie können nicht den Fünfer, das Weggli, das Rückgeld und die Bäckerstochter haben, das geht einfach nicht.»
Energieminister Albert Rösti zeigte sich im Nationalrat sichtlich verärgert darüber, dass Natur- und Umweltschutzverbände geplante Projekte für den Ausbau erneuerbarer Energien weiterhin mit Beschwerden bekämpfen wollen.
Hürde für Verbandsbeschwerde
Und dennoch sprach sich Rösti im Namen des Bundesrates gegen die Streichung des Verbandsbeschwerderechts aus. Der Grund waren Gespräche mit einzelnen Naturschutzverbänden, die er in den letzten Tagen geführt hatte. Darin hätten ihm die Verbände zugesichert, dass sie auf Beschwerden verzichten würden, sofern der Naturschutz nicht noch mehr geschwächt werde. «Das ist eine Bewegung, meine Damen und Herren», betonte der SVP-Bundesrat.
Er empfahl dem Nationalrat deshalb, einem Kompromiss zuzustimmen, den die Umweltkommission des Nationalrates gezimmert hatte. Er sieht vor, das Verbandsbeschwerderecht für die 16 Wasserkraftprojekte nicht ganz zu streichen, dafür aber eine Hürde einzubauen. So soll eine Beschwerde nur noch möglich sein, wenn sie von mindestens drei Verbänden gleichzeitig eingereicht wird. Der Nationalrat hat diesem Kompromiss mit grosser Mehrheit zugestimmt.
Die Vorlage geht damit wieder zurück in den Ständerat.