Keren richtet sich gerade an einem Trainingsgerät für die Beinmuskulatur ein. «Es ist wie nach Hause kommen, es ist fantastisch!», sagt er und seine Augen strahlen. «Ich trainiere seit ich 13 bin im Gym, es ist einfach Teil meiner Selbstwirksamkeit.»
Auch Tiziana ist heute schon kurz nach 6 Uhr im David Gym in Schlieren eingetroffen. «Für mich war klar, dass ich am ersten Tag wiederkomme. Es waren vier Monate ohne Fitness. Das habe ich geistig und körperlich gespürt. Jetzt bin ich froh, dass ich wieder trainieren kann.»
Tiziana war allerdings nicht die Erste, wie Fitness-Besitzerin Cathy Fleig sagt. «Pünktlich morgens um 5 sind fünf, sechs Personen hereinmarschiert. Innert kürzester Zeit hatte es hier 20, 30 Leute.»
Vom Bundesrat überrumpelt
Auch die Chefin von David Gym selbst ist seit 5 Uhr im Laden und hatte auch am Wochenende durchgehend gearbeitet. Sie sei vom Öffnungsentscheid des Bundesrates überrascht worden. «Wir hatten uns darauf eingestellt, dass wir frühestens im Mai öffnen können. Dann kam plötzlich der Entscheid, der uns tatsächlich etwas überrumpelte.»
Aber Fleig ist auch glücklich. Ihr Fitnesszentrum in Schlieren ist mit 4000 Quadratmetern Fläche eines der grössten im Grossraum Zürich. Deshalb sei es hier auch einfach, die vorgeschriebenen Abstände und Schutzmassnahmen einzuhalten, so Fleig. Zudem habe man ein starkes Lüftungssystem.
Regelmässiges und gutes Lüften sei sehr wichtig, sagt denn auch Infektiologe Jan Fehr von der Uni Zürich. Und trotzdem bleibe Trainieren in geschlossenen Räumen ein Risiko: «Das Ansteckungsrisiko ist sicher höher als etwa bei einem Kinobesuch, wo die Leute ruhig sitzen, nicht tief atmen und die Maske jederzeit anhaben. Das ist ein entscheidender Unterschied.»
Braucht es Schnelltests?
Und Schutzkonzepte seien immer nur so gut, wie sie auch eingehalten würden, sagt Infektiologe Fehr. Er empfiehlt der Branche deshalb eine zusätzliche Massnahme. «Man könnte sich überlegen, ein negatives Testresultat durch einen Schnelltest einzufordern. Das würde die Chance bieten, einen grossen Teil von potenziellen Übertragungen zu verhindern.»
Also Zutritt ins Fitnesszentrum nur mit negativem Test? Davon hält Tiziana gar nichts. Da müsste man sich ja überall testen lassen, meint sie. Denn Angst vor einer Ansteckung in einem Fitnesszentrum habe sie nicht. «Es ist nicht gefährlicher, als wenn ich mit Maske ins Coop einkaufen gehe oder den ÖV nehme. Ich habe nicht mehr Angst als sonst.»
Beim Fitness-Branchenverband überlegt man sich, ob man der Branche eine Schnelltest-Praxis empfehlen soll oder nicht. Fitness-Besitzerin Fleig bemängelt die Zuverlässigkeit solcher Schnelltests. Man würde sich wohl aber fügen, sollten diese Usus werden. Viel mehr macht ihr aber Sorgen, ob und wie lange die Fitnesszentren dieses Mal offen bleiben können.
Sie frage sich, ob es in ein paar Wochen wieder heisse: Die Zahlen sind gestiegen, ihr müsst wieder schliessen. «Wir schauen aber positiv in die Zukunft und freuen uns über jeden Tag, an dem wir offen haben können.»