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Betrug-Ausstellung in Luzern Früher Heiratsschwindler, heute Romance Scam: Die ewige Masche

Das Luzerner Staatsarchiv hat Betrugsfälle aus dem frühen 20. Jahrhundert ausgegraben und zieht Parallelen zu heute.

Robert Stocker aus Gunzwil im Kanton Luzern. Ein nach aussen hin schicker, gutaussehender, charmanter Mann. Einer, der es aber faustdick hinter den Ohren hat. Ein Heiratsschwindler. In den frühen 1940er Jahren hat er 13 Frauen um Geld gebracht. Gefunden hat er seine Opfer über Zeitungsinserate. Er gab sich als sehr gut situierten Mann aus – oft auch in Erwartung einer grosszügigen Erbschaft.

Schwarz-weiss Foto von einem Mann mit Hut und Anzug vor einem Haus.
Legende: Unschuldslamm? Von wegen! Robert Stocker führte berechnend Frauen hinters Licht. Luzerner Staatsarchiv

Seine Opfer waren bevorzugt finanziell schwächer gestellte Frauen – Dienstmädchen, Mägde oder Witwen. Er schaffte es innert kürzester Zeit, das Vertrauen der Frauen zu erschleichen – versprach ihnen oftmals bereits beim ersten Rendezvous die Heirat.

Doch schon bald ging es nicht mehr um Liebe, sondern um Geld. Er habe sein Portemonnaie verloren und brauche ein paar Franken, war eine seiner Lügen. Dies geht alles aus der Akte hervor, die das Staatsarchiv Luzern für die aktuelle Ausstellung «Aktenzeichen LU – Betrügereien im Kanton Luzern» ausgegraben hat.

Orange Akte aus den 1940er-Jahren
Legende: Robert Stocker hatte so einiges auf dem Kerbholz – neben Diebstählen und Urkundenfälschungen war Heiratsschwindel seine «Spezialität». Staatsarchiv Luzern

Die Ausstellung stellt Fälle vor, in denen Vertrauen zur Falle wurde. Vanessa von Ah arbeitet beim Luzerner Staatsarchiv und ist Teil jenes Teams, welches die Ausstellung zusammenstellte. Die Akte Stocker habe sie fasziniert, sagt sie: «Es ist eindrücklich, wie die Polizei bereits damals kantonsübergreifend zusammengearbeitet hat, um ihn zu fassen. Stocker hat mit falschen Namen und Identitäten gearbeitet.»

1943 gelang es der Polizei, den Heiratsschwindler festzunehmen. Stocker wurde zu eineinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.

Taktik heute wie gestern ähnlich

Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen ausnutzen, diese Betrugsmasche funktioniert bis heute. Der Heiratsschwindler 2.0 heisst heute Romance Scam: In den sozialen Medien und auf Internet-Partnerbörsen werden gefälschte Profile erstellt, um anderen Personen eine Liebesbeziehung vorzuspielen und um schliesslich finanzielle Zuwendungen des «Partners» zu erhalten. Die wenigsten Fälle werden aufgeklärt.

Auch wenn die Täter heute digital mehr Möglichkeiten haben, die Taktik unterscheidet sich nicht gross von damals. Zum Beispiel werden die Opfer mit Kosenamen angesprochen. Stocker nannte seine Frauen alle «Müsli».

Alte Postkarte
Legende: Mit Postkarten hielt Robert Stocker seine Opfer bei Laune und nannte sie alle vorzugsweise «Müsli» Staatsarchiv Luzern

Auch heute bräuchten die Täter Spitznamen, sagt Vanessa von Ah: «So kann man seinen Opfern nicht aus Versehen einen falschen Namen sagen. Das hat Robert Stocker vor fast 100 Jahren schon gewusst.»

«Schneeballeffekt» lukrative Betrügerei

Das Luzerner Staatsarchiv hat weitere Fälle ausgegraben und macht dabei Bezüge zur Gegenwart: Zum Beispiel die Betrugsmasche, die man als «Ponzi-System» oder «Schneeballeffekt» bezeichnet.

1914 bediente sich der Luzerner Edmund Merz diesem Trick. Er begann, gefälschte Rentenverträge zu verkaufen, mit dem Versprechen, dass diese lukrative Gewinne abwerfen. Merz benutzte die eingehenden Zahlungen, um die ersten Gewinnzahlungen zu tätigen. Das sprach sich herum, und es fanden sich weitere Investoren. Das Geld floss aber irgendwann nicht mehr.

Bernie Madoff zwischen zwei Männern.
Legende: Bernard Lawrence «Bernie» Madoff war ein US-amerikanischer Finanz- und Börsenmakler sowie Anlagebetrüger. Keystone/ Peter Foley

Ein berühmtes Beispiel der Neuzeit dazu liefert der Amerikaner Bernie Madoff. Er hat über Jahrzehnte hinweg mit dem «Schneeball-System» Geld ergaunert. Der Gesamtumfang des Schadens wurde zum Zeitpunkt des Prozesses gegen Madoff auf mindestens 65 Milliarden Dollar veranschlagt, die Zahl der Geschädigten auf 4800. Er wurde 2009 zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt.

Regionaljournal Zentralschweiz, 25.4.2025, 17:30 Uhr ; 

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