- Der Bundesrat will, dass Streitigkeiten mit der EU auf der Basis von unabhängigen schiedsrichterlichen Lösungen geschlichtet werden.
- Bisher hatte ein Verfahren unter Einbezug des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Zentrum gestanden, der als einziger EU-Recht verbindlich auslegen kann.
- Die schiedsrichterliche Lösung soll zum Zuge kommen, wenn der zuständige gemischte Ausschuss die Streitigkeit nicht beilegen kann.
- Zugleich soll die Verhandlungen über die anderen offenen Dossiers fortgesetzt und dabei vor allem das Abkommen über den Zugang zum Strombinnenmarkt rasch abgeschlossen werden.
Die Ende Januar begonnene grundsätzliche Auslegungsordnung zu Europa sei am letzten Freitag beendet worden, stellte Aussenminister Ignazio Cassis fest. Es sei lange und intensiv diskutiert und die notwendige Zeit dafür genommen worden. «Denn Einigkeit im Bundesrat ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen», betonte Cassis.
Cassis stellte fest, dass man seit 2008 einen Weg suche, die institutionellen Fragen effizient zu regeln. Ein institutionelles Rahmenabkommen soll alle Marktzugangsabkommen regeln. Nach vier Jahren Bilanz ist einiges offengeblieben.
«Ad-hoc-Schiedsgerichte»
Die Frage ist also weiterhin offen, wer bei Streitigkeiten entscheiden soll. Die Schweiz wie auch die EU wollen ihr Recht selber auslegen. Der Bundesrat sei gewillt, die Möglichkeit eines Ad-hoc-Schiedsgerichts zu prüfen, erklärte Cassis. Die Landesregierung sei diesbezüglich gewillt, das institutionelle Rahmenabkommen weiter zu verhandeln. Nächste Woche sollen die aussenpolitischen Kommissionen und Kantone informiert werden. «Wir suchen den Weg von stabilen Beziehungen», so Cassis.
Cassis betonte, dass es unterschiedliche Schiedsgerichte gebe. Eines beurteile die dynamische Rechtsübernahme der Schweiz – falls die EU nicht einverstanden ist. Das andere beurteile konkrete Fälle, wenn jemand gegen Recht verstosse. Bisher hatte ein Verfahren unter Einbezug des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Zentrum gestanden, der als einziger EU-Recht verbindlich auslegen kann.
Ausnahmen vom institutionellen Abkommen
Der Bundesrat bekräftigt zudem seine Absicht, gewisse Gebiete vom institutionellen Abkommen auszuschliessen. So soll die Schweiz etwa alle flankierenden Massnahmen zum Personenfreizügigkeitsabkommen vollumfänglich beibehalten können. Der Bundesrat bestätigt zudem, dass die Schweiz die EU-Richtlinie über die Unionsbürgerschaft und ihre Weiterentwicklungen nicht übernehmen will.
Was das Abkommen über den Zugang zum Strombinnenmarkt betrifft, so soll dieses laut Bundesrat nun rasch abgeschlossen werden. Cassis sprach zugleich die anhaltend diskriminierende Situation im Börsenbereich an, wo die Schweiz sämtliche Voraussetzungen für die uneingeschränkte Anerkennung der Börsenäquivalenz erfülle.