Es hätte ein Radsport-Fest voller Euphorie werden sollen, doch der Tod der jungen Radrennfahrerin Muriel Furrer überschattete die Rad-Weltmeisterschaft in Zürich. Während die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum tragischen Unfall noch laufen, zieht Zürich Bilanz nach der Weltmeisterschaft.
Besonders die Gewerbetreibenden im Zürcher Seefeld hatten bereits im Vorfeld die grossen Verkehrseinschränkungen kritisiert. Hörte man sich während der Rennen um, war das Verdikt klar: weniger Kundschaft, weniger Umsatz.
Grosser Teil des Umsatzes fiel weg
Susanna Gasche etwa, die den Schmuckladen «Herzlich» betreibt, musste rund zwei Drittel weniger Umsatz verkraften. Gleich in der Nähe liegt das Traditionsgeschäft «Chäslaube Riesbach» – eine ihrer Haupteinnahmequellen ist das Catering, das wegen der Absperrungen komplett wegfiel.
Der Schreinerbetrieb «Ernst Wieland» musste faktisch gar Betriebsferien machen respektive einen Teil seiner Belegschaft in die Ferien schicken, weil viel weniger Arbeit anfiel: «Wir wurden eigentlich vor vollendete Tatsachen gestellt», sagt Enrico Wieland, der das Geschäft in fünfter Generation führt.
Ganz dicht gemacht indes hat Olivier Perrin, der ein Lampengeschäft im Seefeld führt. «Es kommt kein Knochen ins Seefeld – wie auch?» Er ist stattdessen ins Tessin in die Ferien gefahren.
Zusammenfassend sagt Dominique Zygmont, Geschäftsleiter der City Vereinigung Zürich: «Unsere Bilanz ist negativ. Wir haben Umsatzrückgänge von minus 20 Prozent». Die Gewerbetreibenden im Seefeld hätten auch keinen Vorteil ziehen können aus der unmittelbaren Nähe zum Geschehen: «Vielen Gastronominnen und Gastronomen lief es sehr schlecht, da die Fans nicht bei ihnen Halt machten.»
Zygmont will künftig früher mitreden, welche Anlässe in Zürich im öffentlichen Raum stattfinden sollen und wie das gehandhabt werden soll. Es brauche eine neue Strategie, um die Direktbetroffenen früh mit an den Tisch zu holen.
Ein September wie jeder andere auch
Auch die Zürcher Hotellerie hat nicht sonderlich profitiert vom Grossanlass. «Es gab einzelne Häuser, die grössere Gruppen aufgenommen haben, aber im Grossen und Ganzen war das für uns ein September wie jeder andere auch», sagt Michael Böhler, Präsident des Zürcher Hotellerie Vereins.
Die Hotelbetreiberinnen und -betreiber hätten sich mehr erhofft. Böhler zählt nun auf den langfristigen Werbeeffekt der Rad-Weltmeisterschaft: «Wir hoffen, die tollen Bilder, die in die Welt hinausgegangen sind, bringen neue Besucherinnen und Besucher in die Stadt.»
«Ausländische Teams waren hellbegeistert»
Auch der Stadtzürcher Sportvorsteher Filippo Leutenegger (FDP) zieht eine durchzogene Bilanz: «Der Anlass war hervorragend organisiert, aber er dauerte zu lange.» Dass die starken Einschränkungen für neun Tage galten, habe Widerstand provoziert, sagt der Stadtrat. Besonders die Belastung während der Arbeitswoche sei unterschätzt worden. Dennoch gebe es auch Positives: «Gerade die ausländischen Teams waren hellbegeistert von der tadellosen Organisation hier in Zürich.»
Der nächste sportliche Grossanlass steht mit der Frauen-Europameisterschaft im Sommer 2025 bereits vor der Tür. Da seien aber nicht annähernd so viele Einschränkungen geplant, sagt Filippo Leutenegger.