Die Bilder von den Bränden in Kalifornien wirken wie aus einem Katastrophenfilm. Sie faszinieren einerseits, sind aber auch oftmals erschreckend. Die Medien präsentieren die interessantesten Bilder – doch welche sind das? Gilles Steinmann ist Leiter der Bild-Redaktion der NZZ und der «NZZ am Sonntag». Er sagt, welche Kriterien ihm für die Bildauswahl wichtig erscheinen.
SRF News: Herr Steinmann, wie wägen Sie ab, welche Bilder Sie effektiv zeigen und welche zu voyeuristisch sind?
Gilles Steinmann: Im Normalfall ist es so, dass die Bildredaktorin oder der Bildredaktor die Bilder alleine anschaut. Es kommt aber immer mal wieder der Moment, wo man eine zweite Person hinzuzieht und über die Auswahl diskutiert. Es ist sehr wichtig, dass man diese Diskussion führt. Es geht um Menschen. Und es geht um die Repräsentation, um ein Bild, welches man nach aussen vermittelt. Ein konkretes Beispiel aus Los Angeles: Wir hatten die Diskussion über eine Frau, die aus einem Altersheim evakuiert wurde. Es gab zwei Aufnahmen. Das eine Bild war eine Nahaufnahme, mit dem erschreckten Gesicht der Person und wenig Umgebung. Und ein zweites Bild, auf dem die gleiche Person auf dem Rollstuhl weggeschoben wurde. Da hier der Kontext eher klar wurde, haben wir uns dann für letzteres Bild entschieden.
Man muss versuchen, immer kritisch zu sein und immer am Bild zu entscheiden: Was hilft das jetzt der Berichterstattung und was nicht? Am Schluss ist das eigentlich die entscheidende Frage.
Wie unterscheiden sich diese Feuerbilder von Bildern aus Konfliktgebieten?
Feuer hat per se etwas Faszinierendes und ich glaube, hier ist es sehr wichtig, dass man sich nicht davon leiten lässt. Man muss auch hier versuchen, immer kritisch zu sein und immer am Bild zu entscheiden: Was hilft das jetzt der Berichterstattung und was nicht? Am Schluss ist das eigentlich die entscheidende Frage. In welchem Gebiet man auch ist und wie gerade die Situation ist – sei es bei einem Waldbrand oder dann bei der Berichterstattung über einen Krieg.
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Bild 1 von 26Legende: Die grossen Brände in Kalifornien haben grosse Zerstörung angerichtet. (14.1.2025) Keystone / AP Photo / Ethan Swope
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Bild 2 von 26Legende: Die Feuer in und um Los Angeles sind nach konnten über Wochen nicht gelöscht werden. (11.1.2025) AP Photo / Jae C. Hong
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Bild 3 von 26Legende: Die Feuerwehrleute waren im Dauereinsatz. (11.1.2025) RTR / Daniel Dreifuss
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Bild 4 von 26Legende: Hier versuchten sie, eine Brandschneise zu machen, in dem sie einen Hang mit Löschmittel bedecken. REUTERS / Ringo Chiu
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Bild 5 von 26Legende: Auch aus der Luft wurde Löschmittel abgelassen. (11.1.2025) IMAGO / Mark Edward Harris
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Bild 6 von 26Legende: Auch in der Stadt Altadena, die im Los Angeles County liegt, dauern die Löscharbeiten lange an. (13.1.2025) SRF / Andrea Christen
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Bild 7 von 26Legende: SRF-Korrespondent Andrea Christen konnte die Stadt vor zwei Wochen besuchen. (13.1.2025) SRF / Andrea Christen
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Bild 8 von 26Legende: Das Stadtbild von Altadena hat sich nach den verheerenden Waldbränden langfristig verändert. SRF / Andrea Christen
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Bild 9 von 26Legende: Bei diesem komplett verbrannten Auto waren die Temperaturen offenbar so hoch, dass sich das Metall der Felgen verflüssigte und später wieder erstarrte. SRF / Andrea Christen
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Bild 10 von 26Legende: Mehrere Wochen kämpften die Feuerwehren in Los Angeles gegen das Inferno. (11.1.2025) Keystone / EPA
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Bild 11 von 26Legende: Für jene, die Hab und Gut verloren haben, wurden Kleider gespendet. (10.1.2025) REUTERS / Lisa Richwine
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Bild 12 von 26Legende: Vor dem Rose Bowl Stadium in Pasadena standen Zelte für die Ersthelfer bereit. (11.1.2025) REUTERS / Mario Anzuoni
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Bild 13 von 26Legende: Die Menschen schützten sich mit Masken – die Behörden riefen den Gesundheitsnotstand aus. REUTERS / David Ryder
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Bild 14 von 26Legende: Ein Satellitenbild der Nasa zeigte die Rauchsäulen der Waldbrände über Los Angeles (9.1.2025). Keystone / NASA
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Bild 15 von 26Legende: Zerstörte Häuser nach der Feuersbrunst in Pacific Palisades in Los Angeles. (10.1.2025) REUTERS / David Ryder
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Bild 16 von 26Legende: Ein abgebranntes Grundstück im Stadtteil Pacific Palisades. (8.1.2025) IMAGO images / Jonathan Alcorn
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Bild 17 von 26Legende: «Wie Armageddon», saget eine Bewohnerin von Los Angeles, als sich der Schaden allmählich lichtet. (Drohnenaufnahme aus Altadena, 8.1.2025) IMAGO images / Scott Mc Kiernan
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Bild 18 von 26Legende: Auf den berühmten Hollywood Hills war zwischenzeitlich ein weiterer Waldbrand entfacht. (8.1.2025) Keystone / AP Photo / Ethan Swope
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Bild 19 von 26Legende: In Altadena im Eaton Canyon bei Los Angeles waren ganze Strassenzüge verwüstet. (8.1.2025) IMAGO images / JIM RUYMEN
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Bild 20 von 26Legende: Viele Feuerwehrleute waren im Einsatz und versuchten die Flammen zu löschen. (7.1.2025) Reuters / EPA / CAROLINE BREHMAN
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Bild 21 von 26Legende: Es wurden tausende von Gebäuden zerstört oder beschädigt. (7.1.2025) REUTERS / Ringo Chiu
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Bild 22 von 26Legende: Apokalyptische Szenen zeigten sich im Westen von Los Angeles. (7.1.2025) Keystone / AP Photo / Ethan Swope
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Bild 23 von 26Legende: Es tobten heftige Waldbrände. (7.1.2025) REUTERS / Daniel Cole TPX
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Bild 24 von 26Legende: Mehrere Zehntausend Bewohner mussten ihre Häuser verlassen. (7.1.2025) Keystone / AP Photo / Etienne Laurent
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Bild 25 von 26Legende: Das «Palisades Fire» zerstörte unzählige Häuser. (7.1.2025) Keystone / AP Photo / Ethan Swope
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Bild 26 von 26Legende: Besonders der wohlhabende Stadtteil Pacific Palisades im Westen von Los Angeles war von den Bränden betroffen (7.1.2025) Keystone / AP Photo / Ethan Swope
Bei den Bildern aus Los Angeles dominieren oft die Farben Gelb, Orange und Schwarz. Welche Wirkung hat das in den Medien, zum Beispiel in Ihrer Zeitung?
Farbigkeit hat sicher eine extreme, attraktive Anziehung. Hier ist es wichtig, dass man sich nicht davon blenden lässt. Wenn es irgendwo auf der Welt eine Demonstration gibt und dann irgendwo ein Feuer entfacht, dann ist es wichtig, dass sich auch hier nicht davon leiten lässt, genau dieses Bild auszuwählen, sondern sich immer überlegt: In welchem Kontext steht das? Wie repräsentativ ist das? Will man dieses Bild in den Fokus setzen? Oder wählt man dann doch lieber ein anderes aus? Jetzt bei den Bränden ist es natürlich unumgänglich, dass man diese Bilder zeigt. Aber es ist immer wichtig, dass man verschiedene Blickwinkel zeigt. Es braucht Bilder, die das Feuer zeigen, an Gebäuden oder im Wald. Aber es ist wichtig, dass man danach auch neue Bilder heranzieht, die die Bekämpfung, die Schäden oder auch die Betroffenen zeigen.
Ich glaube, es ist nicht ratsam, einen Artikel über Effekte erzählen zu wollen. Es geht uns ja um Objektivität und um die verschiedenen Blickwinkel.
Überlegt man sich auch, welche Wirkung ein Bild beim Publikum hat? Ob wegen des Bildes vielleicht mehr Menschen den Artikel lesen, oder sich Menschen aufgrund eines Bildes schlechter fühlen, wenn sie das sehen?
Diese Überlegung machen wir uns immer und täglich. Aber eben, ich glaube, es ist nicht ratsam, einen Artikel über Effekte erzählen zu wollen. Es geht uns ja um Objektivität und um die verschiedenen Blickwinkel. Und um alle diese Fragen, die sich dann stellen, um die möglichst gut einzuordnen.
Das Gespräch führte Yves Kilchör.