Darum geht es: Bio-Lebensmittel boomen, die Nachfrage bei Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten nimmt zu – so sehr, dass die inländischen Bio-Bauern in manchen Bereichen mit der Produktion von Gemüse oder Getreide nicht nachkommen. Deshalb sucht der Dachverband der Biobetriebe, Bio Suisse, 500 konventionelle Bauern, die auf Bio-Landwirtschaft umstellen wollen. 15'000 Hektaren Ackerland sollen so für den Bio-Anbau hinzugewonnen werden.
Vorteile für die Umwelt: «Mehr Biobetriebe bedeutet auch mehr Artenvielfalt und mehr Klimaschutz», sagt der grüne Nationalrat Kilian Baumann. Der Bio-Bauer erinnert daran, dass im Biolandbau kein Kunstdünger – er wird aus Erdgas hergestellt – benutzt wird. Die biologische Landwirtschaft bringt gegenüber der konventionellen aber auch Herausforderungen mit sich – gerade weil kein Kunstdünger als Nährstoff für die Pflanzen oder keine Pestizide gegen Schädlinge eingesetzt werden dürfen. Ausserdem ist der Ertrag auf der gleichen Ackerfläche gegenüber der konventionellen Anbauweise in der Biolandwirtschaft etwas geringer.
Konsumgewohnheiten ändern: Gegner der Biolandwirtschaft argumentieren oft, man könne es sich nicht leisten, die knappe Ackerfläche in der Schweiz nicht möglichst intensiv zu nutzen. Dazu sagt Bio-Bauer Baumann: «Rund 60 Prozent der Ackerfläche in der Schweiz werden zum Anbau von Tierfutter gebraucht – würden wir dort Nahrungsmittel für Menschen produzieren, könnten viel mehr Menschen damit ernährt werden als per Umweg über die Tiere.» Weniger Fleisch und Milchprodukte wäre also die Devise, um auch mit Biolandwirtschaft genügend Lebensmittel zu produzieren.
Die Direktzahlungen für die Bauern sollten an ökologische Leistungen geknüpft werden.
Politik weist den Weg: Ob die Schweiz verstärkt in Richtung nachhaltiger Landwirtschaft geht, entscheidet vor allem die Politik. Denn mit der Landwirtschaftspolitik steuern Regierung und Parlament, wohin die Reise gehen soll. Direktzahlungen an die Bauern und der Zollschutz könnten so ausgerichtet werden, dass Bäuerinnen und Bauern verstärkt dazu motiviert werden, auf Biolandwirtschaft umzustellen. «Die Direktzahlungen sollten an ökologische Leistungen geknüpft werden», fordert deshalb Grünen-Politiker und Bio-Bauer Baumann.
Zukunft für Bauern: «Die Biolandwirtschaft kann durchaus eine Aussicht für die Entwicklung eines Landwirtschaftsbetriebs bieten», sagt der auf Landwirtschaft spezialisierte Berner Ökonom Lorenz Probst. Wichtig sei dabei zu verstehen, dass ein Bauernbetrieb gesamthaft auf Bioproduktion umsteigen muss und sich damit der Kreislaufwirtschaft verpflichtet. «Dieser Umstieg ist komplex», so Probst. Beispielsweise müssten die Fruchtfolgeflächen gut gemanagt werden, damit die Fruchtbarkeit des Bodens auch ohne Kunstdünger über Jahre erhalten bleibt.
Der Umstieg auf die Bio-Landwirtschaft ist komplex.
Keine abwegige Forderung: «Die Bemühungen von Bio Suisse, weitere 500 Biobauern hinzuzugewinnen, sind durchaus realistisch», sagt Ökonom Probst. Dies habe ein ähnliches Programm zur Ausdehnung der Bioanbau-Flächen im Kanton Bern gezeigt. Allerdings sei dazu viel Einsatz von verschiedensten Beteiligten nötig. Es brauche einen Schritt vorwärts von allen im Ernährungssystem – Wissenschaft, Produzentinnen, Konsumenten. «Alle müssen diesen Weg gehen wollen», betont Probst. Sei diese Voraussetzung erfüllt, könne der Biolandbau für einen Landwirtschaftsbetrieb durchaus eine Zukunftsperspektive darstellen.