Die Reformhaus-Kette Müller ist pleite. Am Mittwoch waren bereits alle 37 Filialen endgültig geschlossen, nachdem der Konkurs am Dienstag bekannt wurde. Damit ist die Geschichte des Schweizer Biopioniers nach fast Hundert Jahren zu Ende.
Es ist ein schwerer Schlag für Geschäftsführer Mischa Felber. Mit dem Konkurs verlieren 298 Leute ihren Job. «Gute, langjährige Mitarbeitende gehen zu lassen, das ist das Schlimmste, was einem passieren kann», sagt er.
Bis zum Schluss habe man alles versucht, um das Reformhaus zu retten, sagt Felber. Als kleines Unternehmen sei es sehr schwierig im Markt mit Bio-Produkten. Die Krisen der letzten Jahre hätten den Verkaufsrückgang zusätzlich verschärft.
Umsätze der Bioläden wachsen kaum
Die Kundenzahlen waren bereits seit 2016 rückläufig, daran änderte auch eine Neupositionierung 2019 wenig. Denn immer mehr Kunden bestellten im Internet. Ebenfalls in den Online-Handel einzusteigen, war für das Reformhaus Müller kein Thema. «Im Internet ist der Markt noch viel umkämpfter», glaubt der Geschäftsführer. Erschwerend komme hinzu, dass grössere Anbieter eine wesentlich bessere Logistik hätten als die kleine Ladenkette.
Zu den grössten Verkäufern von Bio-Produkten gehören die Migros und Coop, wie Zahlen von Bio Suisse zeigen. Vorwärts gemacht haben auch Discounter und Online-Shops: Ihre Umsätze im Bio-Markt sind 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gewachsen. Bioläden konnten ihre Umsätze im gleichen Zeitraum kaum steigern.
«Wir sind nicht tot, aber wir sind auch nicht quicklebendig», sagt Hansi Sommer über die Branche der Bioläden. Er ist Geschäftsführer in Schaffhausen und zugleich Präsident der Genossenschaft Vielgrün, welche gut 20 Bio-Fachmärkte vereint. Sich gegen die grossen Konkurrenten zu behaupten, sei ein Kampf.
Ein Laden muss lebendig bleiben und sich verändern
Sommer ist sich aber sicher, dass es die Bio-Fachmärkte in der Schweiz braucht. Gute Beratung, ein sorgfältig ausgewähltes Sortiment – das seien wichtige Pluspunkte. Er gibt aber auch zu: Manche Lädeli seien verstaubt und könnten eine Auffrischung gut vertragen. «Ein Laden muss lebendig bleiben und sich verändern.»
Kundenkontakt steht im Zentrum
Ein Beispiel für den Wandel ist die Mezzogiorno-Gruppe mit schweizweit drei Läden – in Luzern, Rapperswil und in Solothurn. Das Wort «Bioladen» steht hier nicht mehr im Zentrum, denn es locke die Leute nicht für einen Einkauf an, sagt Geschäftsführerin Katharina Nüssli.
«Bio bekommt man überall», sagt sie, deshalb müssten sich ihre Läden über andere Faktoren profilieren. «Es braucht einen Laden mit einer guten Atmosphäre, einem guten Sortiment und herzlichen Leuten.» Der direkte Kundenkontakt sei sehr wichtig.
Nahe am Kunden sein, das sei aber anspruchsvoll. «Man muss im Laden vor Ort sein, sich um jedes Detail kümmern und das Sortiment anpassen», erklärt Nüssli. So setze sie sich jeden Tag mit ihrem Sortiment auseinander und höre auch auf die Rückmeldung und Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden. Damit Läden wie Mezzogiorno nicht von den Detailhändlern verdrängt werden, müssen sie sich ins Zeug legen.