Mit der natürlichen Vielfalt geht es abwärts, das zeigt ein Bericht nach dem anderen: Tier- und Pflanzenarten sterben aus, Lebensräume verschwinden. Dem sollte die Biodiversitätskonvention der UNO entgegensteuern. Vor zehn Jahren gab sie allen UNO-Mitgliedsländern das Ziel vor, bis 2020 mehr Naturräume unter Schutz zu stellen – was diese auch getan haben.
In den letzten zehn Jahren wurden tatsächlich zahlreiche neue Gebiete unter Schutz gestellt. Rein flächenmässig ist die Welt gut unterwegs. Alles zusammengerechnet kommt eine Fläche zusammen, die deutlich grösser ist als Russland. Dieser eindrückliche Zuwachs reicht knapp, um das Ziel der UNO-Biodiversitätskonvention zu erreichen, 17 Prozent der globalen Landfläche zu schützen. Für die Meere sollen es 10 Prozent sein.
Dieses Ziel wurde mit zirka 8 Prozent knapp verfehlt. Doch wie steht es um die Qualität dieser Schutzgebiete? Hier fällt die Bilanz durchzogen aus.
Qualitätskriterium 1: Hier geht es um die Frage, werden alle Naturräume und Ökosysteme geschützt? Über 1000 solche Ökoregionen sind in der Biologie bekannt, darunter Hochmoore, Bergregenwälder oder Kaltwasserkorallen. Rund ein Zehntel davon wird noch nirgendwo auf dem Globus geschützt.
Qualitätskriterium 2: Wie gut erfüllen die Schutzgebiete ihre Funktion? Wie gut schützen sie Flora und Fauna, etwa Trockenwiesen, oder Elefanten und Giraffen? Die ernüchternde Antwort: Meistens kann man das gar nicht beurteilen, weil es nur selten geprüft wird. Und die Autoren des UNO-Berichts warnen, es seien viele Beispiele bekannt, bei denen ein Nationalpark nur auf dem Papier existiert, kein Ranger patrouilliert und Wilderer freie Bahn haben.
Qualitätskriterium 3: Wie gut wird die lokale Bevölkerung einbezogen? Der Punkt ist sehr wichtig, weil an vielen Orten die dort ansässigen Menschen ihre Natur sehr gut schützen, etwa im Regenwald. Sie werden aber vom Staat kaum berücksichtigt, wenn er dort ein Schutzgebiet einrichtet. Immer wieder kommt es vor, dass Dörfer wegen eines Naturparks sogar umgesiedelt werden sollen. Der Bericht hält fest: Die Schutzleistung lokaler Gemeinschaften muss anerkannt und ihre Rechte besser geschützt werden.
Und wo steht die Schweiz?
Die Schweiz hinkt hinterher. Mit einer geschützten Fläche von 13.4 Prozent hat sie das Ziel der Konvention im Gegensatz zu fast allen Ländern Westeuropas verfehlt. Auch die Qualität unserer geschützten Regionen lässt oft zu wünschen übrig. So trocknen zum Beispiel viele Moore aus und verbuschen, obwohl sie geschützt sind. Es gibt also viel zu tun, zumal im Rahmen der Biodiversitätskonvention neue Ziele angepeilt werden.
Bis 2030 sollen 30 Prozent der globalen Land- und Meeresfläche unter Schutz gestellt werden. Der Beschluss soll an einer UNO-Konferenz im kommenden Oktober gefasst werden. Die Schweiz hat ihre Unterstützung signalisiert. Aber zuerst muss sie noch ihre Aufgaben fürs alte Ziel erledigen.