In der Taxibranche kommt es zu einem weiteren Preiskampf. Bereits 2016 demonstrierten in Zürich und anderen Schweizer Städten Taxiunternehmen zusammen mit der Gewerkschaft Unia gegen den Fahrdienstleister Uber. Der Vorwurf: Das US-Unternehmen halte geltende Gesetze nicht ein und gefährde mit seinem Billigangebot tausende Arbeitsplätze. Nun – fast zehn Jahre später – steht die gesamte Taxibranche erneut vor grossen Herausforderungen.
Mit Bolt ist ein weiterer Anbieter ins Schweizer Taxigeschäft eingestiegen und setzt mit Tiefstpreisen nicht nur Zürcher Taxis, sondern sogar den US-Billiganbieter Uber unter Druck.
Neuer Anbieter heizt Preiskampf an
Bekannt ist Bolt in der Schweiz bislang vor allem für seine E-Trottinetts, die mit einer Handy-App gemietet werden können. Seit einem Jahr aber hat das Unternehmen aus Estland auch die Fahrtenvermittlung ins Angebot aufgenommen.
«Wir sind zufrieden», sagt Jenovan Krishnan, der bei Bolt unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit in der Schweiz zuständig ist. Man freue sich, als zweite Plattform ein wenig Bewegung in den Fahrdienstmarkt gebracht zu haben.
Konkrete Zahlen will Bolt nicht nennen, und auch auf wichtige Fragen etwa zu den Arbeitsbedingungen liefert die Firma nur vage Antworten. Gemäss Bundesgerichtsurteil müssen Fahrtenvermittler den Fahrern AHV-Beiträge entrichten. Für Bolt und Uber sind Fahrerinnen selbstständig erwerbend, das Gericht aber sieht sie als Angestellte.
Darauf angesprochen, sagt Jenovan Krishnan: «Wir als Bolt haben dazugelernt und das Geschäftsmodell angepasst.» Wichtig zu betonen sei, dass Fahrer zu nichts gezwungen und in keine Abhängigkeit gebracht würden.
Zwölf Franken die Stunde
Für Nicole Niedermüller von der Gewerkschaft Unia ist jedoch klar, dass sich mit dem Start von Bolt die ohnehin schon prekären Arbeitsbedingungen in der Taxibranche weiter verschärft haben. «Bolt hat seine Markteinführung mit einer aggressiven Preispolitik verbunden und das hat den Taxiplatz Zürich durchgeschüttelt.»
Bolt bezahlt keine Beiträge für die AHV.
Die tiefen Preise dürften die Kundschaft zwar freuen, aber Niedermüller gibt zu bedenken, dass diese nur zustande kämen, weil die Löhne in der Taxibranche sehr tief seien. Ein Lohn von zwölf Franken die Stunde sei keine Seltenheit.
«Die Taxibranche ist eine Tiefstlohnbranche», so Niedermüller. «Selbstständige Chauffeure kommen auch bei einer vollen Auslastung in der Regel nur auf Löhne bis 4000 Franken.» Die Unia geht davon aus, dass jeder zweite Taxifahrer auf Sozialhilfe angewiesen wäre, um über die Runden zu kommen.
Weiter sagt Niedermüller: «Bolt weigert sich, seinen Pflichten als Arbeitgeber nachzukommen. Das heisst: Die Fahrerinnen und Fahrer sind nicht bei den Sozialversicherungssystemen angemeldet und Bolt bezahlt keine Beiträge für die AHV.» Niedermüller fordert den Kanton deshalb auf, die Arbeitsbedingungen zu kontrollieren.
Verfahren beim Kanton Zürich laufen
Darauf angesprochen, teilt die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion mit, dass das Bundesgerichtsurteil von 2023 im Kanton Zürich umgesetzt werde. Löhne von Fahrerinnen würden überprüft – genauso wie die Einhaltung der Melde- und Bewilligungspflichten in den Bereichen Ausländer-, Quellensteuer- und Sozialversicherungsrecht.
Die Volkswirtschaftsdirektion spricht in ihren Antworten allerdings nur vom Fahrdienst Uber. Wie die Situation bei Bolt aussieht, bleibt demnach offen.