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Mobilität in der Schweiz Warum Taxi-Apps nicht gegen Uber ankommen

Die Taxi-Branche ist sich uneins, wie man Uber die Stirn bieten soll. Untätig sind die Fahrdienste aber nicht.

App auf dem Smartphone starten, und in wenigen Minuten kommt ein Auto vorgefahren, das einen ans Ziel bringt. Das ist die Idee von Uber. Der Fahrdienst aus den USA mischt seit Jahren den Markt auf – der leise Tod der Taxibranche?

«Wir müssen mit Uber leben. Sie sind gekommen, um zu bleiben», sagt George Botonakis, Präsident des Taxiverbands Zürich. Und so versuchen einige Deutschschweizer Taxi-Unternehmen, sich ähnlich benutzerfreundlich wie die amerikanische Konkurrenz zu geben – mit eigenen Plattformen, wie ein Blick in die App Stores zeigt.

Name der App Offizielle Reichweite in der Deutschschweiz
go! Aarau, Baden, Basel, Chur, St. Gallen,
Winterthur, Zürich und Umgebung
mini-cab Basel und Umgebung
Swiss Taxi + Zürich und Umgebung
Taxi Bern Bern und Umgebung
taxi.eu Basel, Brugg, Chur, Kloten, St. Gallen,
Winterthur, Zürich
Taxi-Zentrale Basel und Umgebung
Taxi 444 Zürich
Yourtaxi Zürich und Umgebung
33er Taxi Basel

Die Anzahl Downloads zeigt es: Den grossen Durchbruch hat noch keine App geschafft. Im Google Play Store erreicht «go!» als einzige Schweizer Taxi-App über 10'000 Downloads. Sie entstand 2017 aus einer Initiative verschiedener Player aus der Fahrdienstbranche. Wie bei Uber gibt man auch hier Start- und Endpunkt sowie den gewünschten Zeitpunkt an. Anschliessend kann man aus Anbietern aussuchen, und der Preis wird berechnet.

Im Gegensatz zur Bestellung via Telefonzentrale ist dieser meist günstiger. Laut Ilaria Galati, Projektleiterin beim verantwortlichen Mobilitätsdienstleister yourmile, lässt sich der Preisunterschied vor allem durch die wegfallenden Betriebskosten der Telefonzentrale erklären.

Jemand hält ein Smartphone in der Hand, auf dem die Uber-App geöffnet ist.
Legende: Uber ist seit 2013 ist in der Schweiz als Fahrdienst tätig. KEYSTONE/Michael Buholzer

Der Vertreter des neu gegründeten Taxifahrervereins Basel-Stadt, Ilker Yasartuerk, findet solche Ansätze grundsätzlich keine schlechte Idee. Aber: Die «go!»-App sei zwar in vielen Regionen verfügbar, jedoch nur mit ausgewählten Taxizentralen. Yasartuerk sieht in einer schweizweit übergreifenden App kein realistisches Ziel: «Einige Faktoren sprechen dagegen.»

Es fehlt an der nationalen Stossrichtung

«Die Tatsache, dass wir verschiedene kantonale Taxigesetze haben, erschwert solche Projekte enorm», so Yasartuerk. In Basel-Stadt gebe es beispielsweise ein striktes Taxigesetz, welches selbstständige Taxihalter dazu anhält, eine GmbH zu gründen oder sich einer Zentrale anzuschliessen. Einige Kilometer weiter, im Baselbiet, seien die Regeln schon wieder anders.

Egal, ob Uber oder eine andere Taxi-App, es bleibt Herr Müller, der einfach vier Apps bedient.
Autor: George Botonakis Präsident des Taxiverbands Zürich

Der Präsident des Taxiverbands Zürich, George Botonakis, hält fest: «Eine nationale Stossrichtung fürs Taxigewerbe gibt es nicht.» Er fände eine überregionale Zusammenarbeit und App aber eine gute Idee: «Im Moment sind die Fahrer bei verschiedenen Apps online. Egal ob Uber oder eine andere Taxi-App, es bleibt Herr Müller, der einfach vier Apps bedient.»

Die Lancierung einer solchen übergeordneten App scheitere aber am Geld, meint Botonakis. Es gehe um Verdrängung, und «man braucht Millionen fürs Marketing, um Kunden und Fahrer anzulocken».

Kampf gegen Uber ist noch nicht verloren

Das Erfolgsgeheimnis von Uber ist für den Basler Yasartuerk zum grössten Teil der günstige Preis. Und dieser fusse nun mal auf einigen Ungerechtigkeiten.

Uber – umstrittener Fahrdienst im Graubereich

Box aufklappen Box zuklappen

Anfang Juni fällte das Bundesgericht einen viel beachteten Entscheid, der die Zukunft von Uber in der Schweiz mitprägen könnte. Die  Behörden im Kanton Genf  hatten zuvor versucht, den Fahrdienstanbieter dazu zu zwingen, Fahrerinnen und Fahrer, die dessen App benützen, als Angestellte zu behandeln, wie dies üblicherweise in den Taxi-Gesetzen festgehalten ist.

Das  Bundesgericht  gab dem Kanton Genf daraufhin recht und Uber Zeit, um die Fahrer zu Angestellten zu machen. Der Fall wurde als Präzedenzfall für die Restschweiz gesehen. Es geht unter anderem um Millionen Franken an Sozialversicherungsabgaben.

Daraufhin wurden in Genf die Fahrerinnen und Fahrer des US-Fahrdienstvermittlers von einer Drittfirma angestellt. Uber hat sich verpflichtet, 35 Millionen Franken zu bezahlen, um seinen Verpflichtungen als Arbeitgeber nachzukommen.

Im Oktober kündigte Uber dann auch für andere Schweizer Städte ein neues Anstellungs-Modell an. Die Uber-Fahrerinnen und Fahrer in der Schweiz sollen künftig wählen können, ob sie wie in Genf einen Anstellungsvertrag mit einem Partnerunternehmen unterschreiben, der auch Sozialleistungen beinhaltet, oder ob sie weiter selbständig fahren wollen. Das sagte der Chef von Uber-Schweiz, Jean-Pascal Aribot, den CH-Media-Zeitungen .

Derzeit ist ein weiterer Bundesgerichtsentscheid hängig. In dem Fall fordert die Sozialversicherungsanstalt SVA in Zürich mehrere Millionen von Uber. Das Zürcher Sozialversicherungsgericht kam zuvor nämlich zum Schluss, dass zwischen dem Fahrdienst Uber und seinen Fahrerinnen und Fahrern ein Anstellungsverhältnis besteht und das Unternehmen damit auch Sozialversicherungsbeiträge abliefern muss. Wann das Bundesgericht im Fall von Uber und der Sozialversicherungsanstalt Zürich entscheidet, ist noch nicht klar.

«Seit kurzem möchte man uns verklickern, man habe die Gesetze für Uber angepasst, was ich persönlich für eine ziemlich opportunistische Illusion halte», sagt Yasartuerk. Das Beispiel aus Genf sei zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber: «Uber verschafft sich durch gross angelegte Lobbyarbeit immense Vorteile.»

In Zürich bleibt man optimistisch: «Die Personenbeförderungsbrache wird goldige Zeiten haben», sagt Botonakis. «Nur der klassische Taxifahrer am Hauptbahnhof, der ist ein Relikt.»

Die «Uber Files»

Schweiz Aktuell, 03.01.2023, 19:00 Uhr

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