- Die Abstimmung über das Frauenrentenalter von 2022 wird nicht wiederholt.
- Das Bundesgericht hat die Beschwerden der Grünen und der SP Frauen gegen die AHV-Abstimmung von 2022 einstimmig abgewiesen.
Das aus drei Männern und zwei Frauen bestehende Richtergremium war sich einig, dass die Folgen einer Aufhebung der Abstimmung kaum überschaubar wären. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer sei seit diesem Jahr in Kraft. Eine Rückerstattung sei nicht möglich. Zudem würde es ansonsten an einer Rechtsgrundlage für den höheren Mehrwertsteuersatz fehlen.
Darüber hinaus seien in Bezug auf das AHV-Gesetz bereits zahlreiche Dispositionen getroffen worden, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Weiter sei vor dem Hintergrund der vorliegend umstrittenen Abstimmung die 13. AHV-Rente dieses Jahr angenommen worden. Der Schutz von Treu und Glauben würden deshalb gegen die Aufhebung der Abstimmung sprechen.
Das Stimmvolk hatte der Erhöhung des Frauenrentenalters im September 2022 knapp zugestimmt. Diesen Sommer erklärte der Bund, der finanzielle Ausblick der AHV sei um mehrere Milliarden Franken zu pessimistisch gewesen. Die Grünen und die SP Frauen reichten daraufhin eine Abstimmungsbeschwerde ein.
Kritik an Abstimmungsbüchlein
Die Bevölkerung habe nicht in Kenntnis der Sachlage entscheiden, hiess es in der Beschwerde. Die im Abstimmungsbüchlein genannten Zahlen würden auf der falschen Ausgabenprognose für die AHV basieren und seien somit irreführend gewesen.
Zwei Richterinnen waren denn auch der Meinung, dass die politischen Rechte verletzt worden seien. Der Bundesrat hätte im Abstimmungsbüchlein klar sagen müssen, dass es sich beim Finanzbedarf um eine Schätzung handelte und nicht um eine Tatsache. Zwei andere Richter waren der Meinung, der Fehler sei nicht gravierend. Und im Grunde stimme ja die Prognose, dass die AHV – aus demografischen Gründen – auf ein Defizit zusteuere.
Gewerkschaften und Linke enttäuscht
Linke und Gewerkschaften zeigten sich enttäuscht über den Entscheid der Bundesrichter. «Frauen bleiben um ein Jahr Rente betrogen», hiess es in einer Mitteilung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Die fehlerhaften Finanzszenarien hätten den Abstimmungskampf zur Erhöhung des Frauenrentenalters massgeblich geprägt, so der SGB. Die Gewerkschaft Unia sprach von einem «mutlosen» Entscheid des Bundesgerichts.
«Wir sind enttäuscht, wir sind traurig, wir wütend – zu Recht», sagte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer nach dem Entscheid vor dem Bundesgerichtsgebäude in Lausanne. Die Behauptung, dass die AHV kurz vor dem finanziellen Ruin stehe und es keine Alternative zur Erhöhung des Frauenrentenalters gäbe, sei schon während des Abstimmungskampfs falsch gewesen und sie sei es auch heute noch, fuhr sie fort.
SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann dagegen bezeichnete den Entscheid als «sehr vernünftig». Es wäre rechtsstaatlich bedenklich, wenn die Abstimmung aufgrund von Prognosen wiederholt worden wäre, sagte die Zürcherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Für die betroffenen Frauen heisst das, dass sie nun schrittweise später in Rente gehen können. Jene, die nächstes Jahr 64 werden, werden drei Monate länger arbeiten müssen.