- Die SP Frauen Schweiz und die Grünen Schweiz legen Beschwerde gegen die Abstimmung von 2022 über die Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre (AHV 21) ein.
- Bei der denkbar knappen Abstimmung seien die Frauen mit falschen Argumenten um ein Jahr Rente gebracht worden, hiess es von den SP-Frauen.
Dass die Frauen um ein Jahr Rente gebracht wurden, legten die Berechnungsfehler zu den Finanzprognosen der AHV nahe, hiess es in einer Mitteilung der SP Frauen Schweiz. Die finanzielle Lage der AHV werde für die kommenden Jahre neu um bis zu 14 Milliarden Franken besser prognostiziert als bisher angenommen.
Beschwerden in Bern und Neuenburg eingelegt
Die «scheinbar dramatischen Aussichten» seien «einer der Hauptgründe für das hauchdünne Ja zur AHV 21» gewesen, schrieben die SP-Frauen, die ihre Beschwerden in den Kantonen Bern und Neuenburg einlegten.
Die Erhöhung des Frauenrentenalters wurde im September 2022 mit gerade einmal 50.5 Prozent angenommen.
Die SP Frauen Schweiz halten in ihrer Mitteilung fest, «dass sich die Beschwerde einzig gegen das Resultat der AHV-21-Abstimmung und nicht gegen das deutlichere Ja zur Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV richtet». Die bürgerlichen Parteien müssten «ihre Abbaupläne bei den Renten endlich stoppen» und die Kaufkraft der Rentnerinnen schützen. Altersarmut in der Schweiz sei weiblich.
Grüne: Wichtig für die Demokratie
Für die Bevölkerung sei es wegen der falschen Zahlen nicht möglich gewesen, ihren Stimmentscheid auf Basis von verlässlichen Fakten zu treffen, hiess es in einer Mitteilung der Grünen Schweiz.
Eine Annullierung der Abstimmung sei darum insbesondere auch aus demokratiepolitischer Perspektive angezeigt. Sie solle dazu dienen, das Vertrauen der Bevölkerung in die demokratische Entscheidfindung zu stärken.
Ausserdem sei die Erhöhung des Frauenrentenalters angesichts der verbesserten finanziellen Lage der AHV nicht mehr gerechtfertigt – und sie sei auch aus gleichstellungspolitischer Perspektive falsch, schrieben die Grünen. Sie legten ihre Beschwerden in den Kantonen Zürich und Genf ein.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) stellt sich in einer Mitteilung hinter die Abstimmungsbeschwerden. Für den SGB sei klar: Mit realistischen Finanzszenarien wäre die Abstimmung anders ausgefallen. Die Abstimmung müsse aufgehoben werden.
Schon im Abstimmungsbüchlein falsch
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hatte am Dienstag die Finanzperspektiven für die AHV nach unten korrigiert. Die AHV-Ausgaben dürften 2033 rund vier Milliarden Franken oder rund sechs Prozent tiefer ausfallen als bisher berechnet. Damit präsentiert sich die finanzielle Lage der AHV besser als angenommen.
Schon die Zahlen in der Botschaft des Bundesrates und im Abstimmungsbüchlein zur Erhöhung des Frauenrentenalters im Sommer 2022 waren fehlerhaft. Das bestätigte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) nach einem Bericht von «Rendez-vous».
Ab wann diese zum Einsatz kamen, wisse das Bundesamt allerdings nicht. Ob vergangene Abstimmungen von den fehlerhaften Formeln betroffen gewesen seien, sei Gegenstand der Administrativuntersuchung und «allenfalls» juristischen Abklärungen, hiess es vom BSV.
Die Vorgänge im Bundesamt für Sozialversicherungen will nun die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats unter die Lupe nehmen. Das kündigte deren Präsident, der jurassische Mitte-Politiker Charles Juillard, bereits am Mittwoch in der Sendung «19h30» des Westschweizer Fernsehens RTS an.