Beat Jans übernimmt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), wie die Bundeskanzlei mitteilt. Seine Vorgängerin Elisabeth Baume-Schneider wechselt ins Innendepartement. Schon jetzt geht es ans Vorbereiten – an Sorgenthemen mangelt es nicht. Bei welchen können der neue Bundesrat und die neue Innenministerin Hebel bewegen?
Migration
Bei der Migration kommen wohl eher die «Soft Skills» des neuen Bundesrats zum Tragen. «Hier kann Beat Jans den Bundesrat für eine bessere Teamdynamik unterstützen», sagt Politologe Michael Hermann. Bei der Migration könne Jans als neuer Justizminister aber auch direkt Einfluss nehmen. Dabei hatte Jans im Dreiländereck vor allem Berührungspunkte mit internationalen Arbeitskräften. Aber bei der Migration gilt: Der Druck kommt vor allem von der Bevölkerung.
Reform der Altersvorsorge
Auf die neue SP-Innenministerin Baume-Schneider wiederum wartet als weiteres Sorgenkind die Altersvorsorge: Im März stimmt die Stimmbevölkerung über eine 13. AHV-Rente und die «Rentenreform» ab, letztere fordert ein Rentenalter 66 und eine Koppelung an die Lebenserwartung. Der Bundesrat empfiehlt bei beiden Initiativen die Ablehnung und setzt sich hingegen für die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) ein. Diese wird von der SP abgelehnt.
«Für Jans und seine sechs Kolleginnen und Kollegen stellt sich die Herausforderung, die Reform des BVG zu verteidigen und neue Forderungen abzuwehren», sagt Hermann. Zwar könnte Jans als neuer, glaubwürdiger Akteur an der Seite von Innenministerin Baume-Schneider für die Sicht des Bundesrats einstehen. Der Spielraum für den Bundesrat sei aber klein: «Die Reformblockade bei der Altersvorsorge hat nicht nur mit dem Bundesrat oder dem Parlament zu tun, sondern auch mit der Bevölkerung: Hier ist es schwierig, Mehrheiten zu finden.»
Hohe Gesundheitskosten
An mehrheitsfähigen Lösungen hapert es auch bei den Gesundheitskosten. «Hier kommen die Hürden aber nicht nur aus der Bevölkerung, sondern auch von den Interessenvertretern», sagt Hermann – von Krankenkassen über Pflegende bis hin zu Patientenorganisationen.
In diesem Bereich rechnet der Politologe mit mehr Chancen für die neue Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider: Vorgänger Alain Berset habe die Themen lange beackert, die Fronten hätten sich verhärtet. «Ein frischer Blick, eine frische Person kann einen Neuanfang wagen. Das könnte eine andere Dynamik bewirken.» Doch einmal mehr solle man den Hebel des Bundesrats nicht überschätzen: «Die Schweiz ist wegen ihrer direkten Demokratie, starkem Lobbyismus und der schwachen Regierung wenig reformfähig.»
Beziehungen zur EU
Zu Beat Jans Vorgänger Alain Berset sieht Hermann den grössten Unterschied in der Position der beiden bei den Beziehungen zur EU. Der Basler Jans bringt eine urbane Haltung in den Bundesrat. Als ehemaliger Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt bringt er «die Perspektive der Wachstumsmotoren der Schweiz ein, diese sind bis jetzt im Bundesrat schwach vertreten».
Doch auch hier gibt es Hürden: So bleibt die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat bestehen. Gerade bei der Europafrage stehe der Bundesrat auf der Bremse, sagt Hermann. Kommt es zukünftig zu weiteren Wechseln im Bundesrat, kann Jans aber mittelfristig zu einer Verschiebung beitragen.
Steigende Wohnkosten
In allen Kantonen klettern die Mietpreise nach oben. Besonders gravierend ist es in den grossen Städten. Als Regierungspräsident von Basel-Stadt hat sich Jans eingehend mit dem Thema beschäftigt. So wird er auch im Bundesrat eine Stimme für die Wohnungsnot. Aber: «Anliegen zum bezahlbaren Wohnen werden vor allem auf den unteren föderalen Ebenen gelöst.» Im Vergleich zu seinem Amt in der Kantonsregierung ist der Hebel für Jans im Bundesrat um einiges kleiner.
Ein neuer Charakter
Über alle Sorgenthemen hinweg spielt besonders eine Sache eine grosse Rolle: Beat Jans bringt einen Persönlichkeitswechsel. Alain Berset war ein dominanter Spieler in der siebenköpfigen Gruppe. «Beat Jans scheint kollegialer, teamorientierter», so Hermann. Sei es im Gesundheitsbereich oder in der EU-Politik: Um die Gräben zwischen den Interessensgruppen zu überwinden, muss man die Leute an den Tisch bringen und Kompromisse schmieden.