- Staatssekretärin und Chefunterhändlerin mit der EU, Livia Leu, tritt zurück. Sie wird im Herbst Botschafterin in Berlin. Das teilt der Bundesrat mit.
- Der Bundesrat bestätigt damit die Meldung von Tamedia und SRF.
- Leu werde die laufenden Sondierungsgespräche mit der EU noch zu Ende führen und danach ihren neuen Job antreten.
Staatssekretärin Livia Leu tritt damit nach weniger als drei Jahren im Amt ab. Der Abgang kommt nicht ganz unerwartet.
Mit Cassis nicht immer einer Meinung
Seit längerem gilt ihr Verhältnis zu Bundesrat Ignazio Cassis als angespannt. Der Zeitpunkt für den Umbruch im Aussendepartement (EDA) ist jedoch heikel: Die Sondierungsgespräche zwischen der Schweiz und der EU über ein neues Abkommen befinden sich in einer wichtigen Phase.
Unter der Leitung von Leu sucht die Schweiz gemeinsame Nenner mit Brüssel in schwierigen Fragen: beispielsweise beim Lohnschutz oder bei der Rolle des Europäischen Gerichtshofs EuGH in Streitfragen.
Ich habe noch genügend Zeit, um die verbleibenden Aufgaben zu erledigen.
Im Bundeshaus erklärte Leu vor Medienschaffenden die Beweggründe für ihren Entscheid. «Meine Aufgabe ist es, die Sondierungen zu beenden. Das Resultat ist dann eine Basis für ein Verhandlungsmandat.» Leu stellte auch klar, dass sie nicht zurücktrete, sondern ins Ausland versetzt werde – konkret auf den Botschafterposten in Berlin. «Das ist in der Diplomatie relativ üblich.»
«Verbleibende Aufgaben erledigen»
Sie werde ihr Mandat noch weitere drei Monate ausüben, so die abtretende Chefunterhändlerin mit der EU. «Ich habe noch genügend Zeit, um die verbleibenden Aufgaben zu erledigen.» Kritik, wonach die Rochade auf ihrem Posten ein problematisches Signal Richtung Brüssel aussenden würde, wies sie zurück: «Man kann diesen Prozess nicht auf eine Person münzen. Es sind Teams, die sich über längere Zeit austauschen. Zudem sind wir es uns in der Diplomatie gewohnt, dass die Personen regelmässig wechseln.»
Durch die länger als geplant dauernden Sondierungen hätten die allfälligen Verhandlungen besser vorbereitet werden können, sagte Leu. «Man sollte schneller vorankommen können.» Sie sei aber vorsichtig, einen exakten Zeitpunkt für ein Verhandlungsende zu definieren.
«Man weiss nie, was passiert»
Brüssel will nach eigenen Angaben bis zum Sommer 2024 Ergebnisse. Leu sagte dazu, dass eine Verhandlungsphase offen bleiben müsse. «Man weiss nie, was passiert.» Sie habe in den vergangenen Monaten eine «positive Dynamik» in den Gesprächen wahrgenommen, sagte Leu weiter. Die Sondierungen seien «kein Sonntagsspaziergang» gewesen.
Müde sei sie deswegen aber nicht. Die Zusammenarbeit mit Aussenminister Cassis bezeichnete die abtretende Schweizer EU-Chefunterhändlerin als «gut und respektvoll». Es sei «eine persönliche Entscheidung» gewesen, wieder als Botschafterin ins Ausland zu gehen, sagte Leu.
Die EU-Kommission nimmt den Jobwechsel der Schweizer Chefunterhändlerin zur Kenntnis. Mit Blick auf die nächste Sondierungsrunde am 30. Mai sagte ein Sprecher gegenüber Journalisten in Brüssel, man habe noch etwas Zeit, da Leu bis Ende August noch im Amt bleibe.
«Unser Ziel bleibt jedoch dasselbe», sagte der Kommissionssprecher weiter. Die EU wolle die Sondierungsgespräche so schnell als möglich beenden und mit den Verhandlungen beginnen. Bis im Sommer 2024 wolle man dann diese abgeschlossen haben. «Wir machen alles, um den Prozess bis dann zu beenden», sagte er.