Über ein Jahrzehnt lang hat Christian Levrat die Geschicke der SP geführt. Im April des kommenden Jahres gibt er das Präsidium ab. SRF News hat mit dem scheidenden Parteichef gesprochen. Er sagt: «Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Es war spannend, aber es ist auch einmal Zeit für neue Köpfe.»
SRF News: Hat Ihr Rücktritt auch mit den Verlusten der SP Schweiz bei den Wahlen vor drei Wochen zu tun?
Christian Levrat: Nein, nicht unmittelbar. Das ist etwas, was wir bereits vor vier Jahren entschieden haben. Anfang 2019 haben wir beschlossen, unseren Parteitag, der im November nächsten Jahres vorgesehen war, in den April vorzuziehen, um meinem Nachfolger genug Zeit bis zu den nächsten Wahlen 2023 zu geben.
Trotzdem wollten Sie Ihren Rücktritt erst nach den Ständeratswahlen im Kanton Freiburg kommunizieren. Warum haben Sie Ihren Rücktritt von Ihrer Wiederwahl abhängig gemacht?
Das war nicht direkt vom Ergebnis der Ständeratswahlen abhängig. Aber es ist auch der Respekt vor den Wählern und Wählerinnen, dass man sich einer Sache widmet. Und in den letzten Wochen war das der zweite Wahlgang im Kanton Freiburg. Es ist sehr gut für mich herausgekommen.
Es gibt Stimmen in Ihrer Partei, die sagen, ein Rücktritt im April sei relativ spät, er müsste früher erfolgen.
Das habe ich nicht gehört. Es braucht auch Zeit, um intern die Diskussion zu führen. Der Parteitag ist im April und ich gehe davon aus, dass alle sich damit abfinden werden.
Wie analysieren Sie den Zustand Ihrer Partei nach Ihren zwölf Jahren an der Spitze? Ist die SP in der Krise?
Auf der einen Seite sind wir verglichen mit dem Ausland stark geblieben. Wir sind die stärkste Partei im progressiven Lager und würden in den meisten Ländern die Regierung stellen. Auf der anderen Seite haben wir vier Sitze verloren, die Grünen haben 17 Sitze gewonnen. Wir müssen uns um beides kümmern. Um den Verlust der Sitze im Nationalrat, aber auch um die neue Mehrheit, die wir installieren konnten. Eine Mehrheit für eine progressive Politik, sei es in der Gesundheit, bei Renten, Europafragen oder natürlich in der Klima-Diskussion.
Soll sich die SP nach Ihrem Abgang linker oder rechter positionieren? Kommt es zum Richtungsstreit?
Es wird Diskussionen geben. Die hat es immer gegeben und das ist auch richtig so. Am Schluss muss die SP trotzdem eine Klammer bleiben zwischen einer urbanen Wählerschaft und einer traditionellen Arbeiter-Wählerschaft. Nur das eine oder das andere zu tun, wäre gefährlich.
Wen wünschen Sie sich in Ihrer Nachfolge?
Zu dieser Diskussion werde ich eisern schweigen. Es ist an unseren Mitgliedern, das zu entscheiden, und nicht am abtretenden Präsidenten.
Das Gespräch führte Andy Müller.