450 Container mit 1000 Betten – auf dem Viererfeld in Bern steht die grösste Asylunterkunft der Schweiz. Als sie vor zwei Jahren eröffnet wurde, gab es massive Kritik. Fachleute bemängelten vor allem die kasernenartige Architektur des Containerdorfes. Und allenthalben war von Kargheit und Tristesse die Rede.
Heute, zwei Jahre später, ist – wortwörtlich – Gras über die Sache gewachsen. Überall wachsen Pflanzen und Bäume. Francesca Chukwunyere von der Heilsarmee, welche das Asylzentrum im Auftrag des Kantons Bern betreut, sagt: «So schlecht ist es nicht hier.»
Mehr als die Hälfte der 1000 Betten sind aktuell belegt. Auf einem Rundgang durch die Unterkunft erklärt Francesca Chukwunyere, warum das Zusammenleben im Containerdorf aus ihrer Sicht so gut funktioniert.
Tipi und Brockenstube für das Gemeinschaftsgefühl
Nebst einer Grundstruktur aus Bett, Tisch und Stuhl braucht es laut Francesca Chukwunyere vor allem eine wohnliche Ausstattung für ein gelungenes Miteinander, etwa ein Spielzimmer, eine Brockenstube, ein Tipi und viel Grün. «Dekoration ist unheimlich wichtig für die Seele», betont sie.
Darum habe man Räume geschaffen, wo sich Leute treffen können, zum Kaffeetrinken oder Kartenspielen. «Das macht eine dörfliche Gemeinschaft aus.»
Eine demokratisch gewählte Küchenchefin
Das Containerdorf auf dem Viererfeld ist mit 1000 Betten die grösste Asylunterkunft der Schweiz – und doch schaffen es die Bewohnerinnen und Bewohner, sich selbst zu organisieren.
Dies zeigt sich laut Francesca Chukwunyere exemplarisch in der Küche: Eine demokratisch gewählte Chefin oder ein Chef sorgt für Ordnung. «Diese Person macht einen Plan, wer wann wie viel putzt, und kümmert sich um die gerechte Verteilung von Lebensmitteln», sagt Chukwunyere. Auf diese Weise könnten die geflüchteten Menschen Verantwortung übernehmen und aktiv zum Gemeinschaftsleben beitragen.
Die Durchmischung machts
Anfangs beherbergte die Unterkunft ausschliesslich Ukrainerinnen und Ukrainer. Mittlerweile wohnen auch Geflüchtete aus anderen Ländern dort. «Diese Situation ist vor allem für die Betriebsleitung herausfordernd, weil nicht alle denselben Schutzstatus haben», erklärt Francesca Chukwunyere und fügt an: «Manche dürfen sich frei bewegen, andere müssen sich täglich bei uns melden».
Aber für die Bewohnenden selbst sei der unterschiedliche kulturelle Hintergrund kein Problem. «Wir haben viele Familien und diese beschäftigen sich alle mit den gleichen Fragen wie: Wann stehen wir auf? Oder: Wo gehen meine Kinder zur Schule?» Daneben gäbe es ganz alte und ganz junge Leute. «Wir haben hier eine sehr dörfliche Gemeinschaft», sagt Francesca Chukwunyere.
Kampf um Ressourcen
Die Betriebsleiterin zieht nach den ersten zwei Jahren also eine positive Bilanz. Allerdings sei es eine Herausforderung gewesen, den Verantwortlichen klarzumachen, dass es zum Leben nicht einfach nur ein Stuhl, ein Bett und einen Tisch braucht, sondern auch Dekoration und Kommunikation. «Das erfordert Zeit und Ressourcen», erklärt Chukwunyere. Und diesbezüglich habe der Kanton zum Teil andere Vorstellungen gehabt.
Wie lange es die Unterkunft bestehen bleibt, ist noch nicht ganz klar. Stand jetzt soll sie im Sommer 2025 abgebaut werden.