- In Bern gingen am Donnerstagabend erneut Kritikerinnen und Kritiker der Corona-Massnahmen auf die Strasse.
- Die Kantonspolizei Bern hat an der unbewilligten Demo 510 Wegweisungen ausgesprochen. Zwei Dutzend Massnahmenkritiker werden zur Anzeige gebracht.
- Nun sollen erstmals die Teilnehmenden der Demonstration die Kosten des Polizei-Einsatzes übernehmen müssen.
Woche für Woche gehen in der Berner Innenstadt Menschen auf die Strasse, um gegen die Corona-Massnahmen zu protestieren. Da auf Social Media vor den Kundgebungen Aufrufe zur Gewalt zirkulieren, ist auch der Aufwand für die Sicherheitskräfte enorm. Wie die Kantonspolizei Bern auf Twitter mitteilt, dauerte der Einsatz vom gestrigen Donnerstag bis in die Morgenstunden. Insgesamt kontrollierte sie nach eigenen Angaben 534 Personen, 510 wurden weggewiesen.
Sie umstellte frühzeitig eine grössere Personengruppe, die sich auf dem Bahnhofplatz versammelt hatte. Verschiedentlich wurde Reizstoff und Gummischrot eingesetzt, weil Personen laut Polizei die Anweisungen missachteten. Es handelte sich in Bern um die zwölfte Aktion von Massnahmen-Gegnern seit Anfang September. Mit einer Ausnahme waren sie alle unbewilligt.
Dem will die Stadt Bern nun einen Riegel schieben. Gemäss Berner Polizeigesetz besteht die Möglichkeit, dass der Kanton Veranstaltern oder Personen, die Gewalt anwenden, bis zu 10'000 Franken in Rechnung stellen kann – in schweren Fällen sogar 30'000 Franken.
Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem der Rechtsstaat alle Instrumente einsetzen muss, die ihm zur Verfügung stehen.
Reto Nause, Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, erklärt: «Wir hatten jetzt fast ein Dutzend unbewilligte Kundgebungen in der Stadt Bern. Es ist immer wieder zu Gewalt gekommen und im Vorfeld gab es auch Aufrufe zu Gewalt. Dieser Mix von unbewilligt und gewaltsam ist die Voraussetzung dafür, dass man eine Kostenübernahme machen kann.»
«Die Situation ist äusserst belastend und die Eskalationsstufe wird immer höher. Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem der Rechtsstaat alle Instrumente einsetzen muss, die ihm zur Verfügung stehen.»
Nause begründet das Vorgehen unter anderem mit den massiven Schäden in der Stadt Bern. So war der öffentliche und private Verkehr rund um den Bahnhof am Donnerstagabend erneut stundenlang stark beeinträchtigt. Darüber hinaus leide auch das Gewerbe, die Verkaufszahlen von Einkaufsläden gingen zurück und Restaurants hätten mit Umsatzeinbussen zu kämpfen.
Demonstrieren ist ein Grundrecht. Schiesst die Stadt Bern mit der Kostenübernahme nicht übers Ziel hinaus? Nause verneint: «Wir haben den Dialog mehrfach angeboten und Kundgebungen auch bewilligt. Jetzt läuft es aber seitens dieser Veranstalter aus dem Ruder.» Die Stadt Bern sei nach wie vor offen für Gespräche. Es brauche jedoch Personen, welche die Verantwortung für solche Kundgebungen übernehmen, betont der Sicherheitsdirektor.
Für die Kostenüberwälzung muss die Kundgebung laut kantonalem Polizeigesetz unbewilligt und gewaltsam sein. Darüber hinaus muss die Polizei die Vorfälle den betroffenen Personen nachweisen können. Die Stadt Bern hat bereits in der vergangenen Woche ein Gesuch bei der Polizei gestellt, damit diese Nachweise weitergeleitet werden. Erst dann könnte eine Kostenüberwälzung Tatsache werden.
Umsetzung noch nicht im Detail klar
Welche Kosten den Demonstrierenden konkret auferlegt werden, ist noch unklar. Das sei unter anderem von der Länge des Polizei-Einsatzes und der Anzahl der involvierten Personen abhängig, so Nause.
Gegenüber SRF sprach der Berner Regierungsrat Philippe Müller vergangene Woche von Kosten zwischen 100'000 und 200'000 Franken pro Demo-Abend. Kosten, an denen sich die Demonstranten nun beteiligen sollen, allerdings nur bei unbewilligten gewaltsamen Protesten. Bei bewilligten Kundgebungen ist eine Kostenüberwälzung nicht vorgesehen.