Die Corona-Fallzahlen haben sich in den vergangenen zwei Wochen halbiert, doch mit täglich über 4000 Neuansteckungen ist das Niveau immer noch sehr hoch. Die Corona-Taskforce warnt denn auch davor, jetzt mit den Massnahmen nachlässig zu werden.
Das sieht auch Rudolf Hauri so. Für den Präsidenten der Kantonsärzte müssen wir zuerst wieder das tiefe Ansteckungsniveau vom Sommer erreichen, um von einer Entspannung der Situation sprechen zu können.
SRF News: Die Corona-Taskforce lobt den Rückgang der Fallzahlen in der Schweiz, warnt aber vor einer gewissen Nachlässigkeit. Was überwiegt in Ihren Augen?
Rudolf Hauri: Es ist Lob angebracht, denn derzeit geht es mit den sinkenden Fallzahlen grundsätzlich in die richtige Richtung. Es ist aber auch Vorsicht angebracht: Was wir jetzt daran sind zu gewinnen, können wir auch leicht wieder verspielen.
An der gestrigen Medienkonferenz mahnten Sie, dass sich nicht genügend Menschen testen liessen. Das sei ein Problem und könnte die Festtage gefährden. Weshalb diese Test-Unlust?
Tatsächlich stellen wir fest, dass die Zahl der Tests nicht sehr hoch ist, dabei bleibt die Positivitätsrate relativ hoch.
Wir hören immer wieder von Personen, die sich absichtlich nicht testen lassen.
Auch hören wir beim Contact-Tracing immer wieder von Personen, die sich absichtlich nicht haben testen lassen, weil sie selber allenfalls in Isolation müssten und ihre nahen Bekannten möglicherweise in Quarantäne. Die Leute befürchten Probleme bei der Arbeit. Doch diese Probleme lassen sich beheben.
Wie kann man die Leute motivieren, sich mehr testen zu lassen?
Wenn wir viel testen, dann haben wir einen guten Überblick über das Virus-Geschehen – und auch die Getesteten haben Sicherheit darüber, ob sie positiv oder negativ sind. So schaffen wir Gewissheit und damit ein korrektes Verhalten.
Sich testen lassen ist ein Akt der Solidarität den anderen gegenüber.
Ungewissheit dagegen führt immer zu Unsicherheit. Ausserdem ist das Testen im Verdachtsfall ein Akt der Solidarität den anderen gegenüber. Und: Bei einem negativen Test kann man sich freier bewegen. Gerade im Hinblick auf die Festtage spielt das eine grosse Rolle.
Die Kantonsärzte empfehlen dringend, sich auch bei bloss schwachen Symptomen sofort auf das Coronavirus testen zu lassen. Muss man die Kosten für den Test in diesem Fall selber übernehmen?
Die Kosten für die Tests werden immer dann vom Bund übernommen, wenn ein Test angezeigt ist. Das ist nicht nur bei schweren Symptomen der Fall, sondern ein Test ist gerade auch bei milden Symptomen angezeigt.
Ein Test ist auch bei milden Symptomen angezeigt – und er wird vom Bund bezahlt.
Die Kosten für den Test werden nur dann nicht übernommen, wenn sich jemand völlig symptomfrei testen lässt, beispielsweise, weil er verreisen will. Die Teststrategie wird laufend überprüft. Möglicherweise wird sie schon bald dahingehend geändert, dass möglichst viele Tests durchgeführt werden können.
Trotz sinkender Fallzahlen sieht die Taskforce keinen Grund zur Entspannung. Was bräuchte es dafür zusätzlich?
Von einer Entspannung kann man erst sprechen, wenn die Fallzahlen sehr deutlich und nachhaltig sinken. Das Niveau ist insgesamt immer noch sehr hoch, mit regionalen Unterschieden. In einigen Kantonen steigen die Zahlen immer noch an, in anderen stagnieren sie auf hohem Niveau.
Die Zahl der Infektionen muss auf das Niveau vom Sommer sinken.
Die Situation ist nicht ungefährlich. Denn wenn die Zahlen von einem hohen Niveau aus wieder ansteigen sollten, sind wir sehr schnell in einem kritischen Bereich. Die Infektionszahlen müssen also auf das Niveau des Sommers – ein paar Hundert Ansteckungen pro Tag – herunterkommen und dort stabil bleiben.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.