Schweizer Apotheken rüsten sich für Corona-Impfungen: In Kantonen wie Bern, Solothurn oder Wallis laufen Angebote derzeit an, bis Ende Mai sollen mehr und mehr Apotheken dazustossen. Der bisherige «Trödelkanton» Zürich ist derweil vorgeprescht: Seit letzter Woche impfen sechzig Apotheken. Der oberste Zürcher Apotheker Lorenz Schmid spricht von einem grossen Andrang. Auch Personen ohne Termine wie Obdachlose melden sich.
SRF News: Seit kurzem ist das Impfen in Zürcher Apotheken möglich. War der Ansturm gross?
Natürlich gibt es einen grossen Ansturm, der fast nicht zu bewältigen ist. Alle zwei Minuten klingelt das Telefon. Wir haben das Angebot letzten Mittwoch kommuniziert und fahren unsere Kapazitäten langsam hoch. Derzeit haben 114 von insgesamt 160 Impf-Apotheken Impfstoff erhalten. Die restlichen erhalten den Impfstoff gegen Ende Mai.
Was können die Apotheken in der momentanen Situation leisten? Gibt es beispielsweise Listen für Personen wie Verkäuferinnen, die nicht einfach aus dem Home-Office einen Termin buchen können?
Wir können unsere Termine über das kantonale Tool bereitstellen. So können wir auch weniger Termine freigeben, als wir wirklich anbieten können. Wir setzen gezielt Personen aus dem Umfeld der Apotheke auf eine Liste und können Restimpfungen durchführen.
Die Apotheke ist ein sehr niederschwelliger und naher Ort.
Auch Obdachlose sprechen wir auf eine solche Impfung an, wenn sie unsere Apotheke aufsuchen. Sie schildern beispielsweise, sie hätten kein Computer oder kein Telefon. Gerade kürzlich kam eine 83-jährige Person ohne Hausarzt zu uns und fragte nach einer Impfung. Hier leisten wir unseren Anteil.
Man könnte also ohne Termin in die Apotheke gehen und würde ein individuelles Angebot erhalten?
Nicht gerade sofort. Aber ich bitte die Personen, ihre Adresse mit einer Telefonnummer zu hinterlassen. So können wir sie kontaktieren. Bei Personen ohne Telefonnummer verhält es sich etwas schwieriger. Wir bitten sie, ein paar Stunden in der Apotheke zu warten und schauen, ob eine Impfung möglich ist. Randständige Personen haben häufig etwas Zeit. Diese Leistung müssen wir erbringen. Die Apotheke ist ein sehr niederschwelliger und naher Ort, gerade auch beim Zutritt. Für Betroffene ist dies eine Alternative.
Sie handeln bei Randständigen oder Sans-Papiers eigenständig. Bräuchte es hier ein offizielles Angebot für die tausenden Betroffenen in der Stadt Zürich?
Ja, es braucht ein offizielles, niederschwelliges Angebot. Wir wissen, dass sozioökonomische Faktoren sehr entscheidend sind, wie Menschen überhaupt mit der Covid-Krise umgehen können. Solche Personen am Rand der Gesellschaft sind stärker von Corona betroffen als die gut ausgebildete Bevölkerung.
Somit braucht es sicherlich ein Angebot, wie es die Stadt Zürich derzeit aufbaut. Auch wir Apotheken nehmen aber unsere Rolle wahr und wir integrieren zumindest Betroffene, welche sich in unserem Umfeld melden.
Das Gespräch führte Fanny Kerstein.