Diese Woche hat die US-Arzneimittelbehörde FDA die zweite Booster-Impfung für über 50-Jährige und Personen mit Immunschwäche freigegeben. Auch verschiedene europäische Länder impfen bereits zum vierten Mal – die Schweiz hingegen nicht. Was für und gegen die vierte Corona-Impfung spricht, beantwortet SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.
SRF News: Warum gibt es in der Schweiz noch keinen zweiten Booster für alle?
Katrin Zöfel: Im Prinzip kann man den zweiten Booster off-label in der Schweiz bekommen, so sieht es die Eidgenössische Impfkommission vor.
Was es für die Schweiz nicht gibt, ist eine klare positive Empfehlung für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, zum Beispiel die über 70-Jährigen oder andere Risikogruppen.
Wie sieht die aktuelle Studienlage zum zweiten Booster aus?
Die Studienlage ist noch lückenhaft, vor allem was die Wirksamkeit angeht. Neu zeigt eine Studie aus Israel einen deutlichen Effekt auf die Sterblichkeit, eine andere Studie bei Gesundheitspersonal zeigt einen geringen Effekt. Die Evidenz reicht nicht, um absolut wasserfeste Schlüsse zu ziehen, wie nützlich und notwendig ein zweiter Booster ist.
Länder, die den zweiten Booster offiziell empfehlen, kombinieren Erfahrungswissen, das man inzwischen zu Corona hat, mit den ersten Studiendaten, die es gibt und leiten daraus ihre Entscheidung ab.
Was spricht für den zweiten Booster, was spricht dagegen?
Man weiss, dass die Immunität nach einem Booster wieder nachlässt und man weiss auch, dass das für ältere Menschen stärker gilt als für jüngere. Das spricht zumindest für alle, die mit einer Immunschwäche bei sich rechnen, wegen einer Krebserkrankung, oder wegen hohen Alters über einen zweiten Booster nachdenken.
Die Frage über einen zweiten Booster ist für den Moment eine recht individuelle Abwägung.
In der Schweiz haben sich allerdings in der aktuellen Welle sehr viele Menschen eben erst infiziert, es gibt dazu keine hieb- und stichfesten Daten. Aber es ist wahrscheinlich, dass all diese Personen nun nicht direkt noch eine Impfauffrischung brauchen. Die Frage über einen zweiten Booster ist also für den Moment eine recht individuelle Abwägung. Wenn man dagegen gesamtgesellschaftlich schaut, ist klar: Das nächste Zeitfenster für eine Boosterkampagne wird wichtiger sein – nämlich das auf den Herbst hin.
Woran liegt es, dass die Länder, die erneut boostern, die Auffrischimpfungen für unterschiedliche Alterskategorien empfehlen? Für wen macht der zweite Booster überhaupt Sinn?
Die Altersgrenzen, die empfohlen werden, legen die jeweiligen Impfkommissionen fest. Dabei spielen auch Erfahrungswerte eine Rolle, welche Gruppe in einem bestimmten Land tatsächlich gefährdet ist und konkret in der Vergangenheit verstärkt betroffen war. Sinn macht der Booster für Personen, die damit rechnen, dass ihr Immunschutz schon wieder nachgelassen hat, weil sie zum Beispiel über 70 Jahre alt sind oder eine Krebserkrankung hinter sich haben. Sie könnten den zweiten Booster nutzen, um ihren persönlichen Schutz zu erhöhen.
Das Gespräch führte Saya Bausch.