Es kommt Tempo in die Frage einer Corona-Impfung in der Schweiz. Der Bund hat am Dienstag seine Impfstrategie vorgestellt. Risikogruppen und Personal im Gesundheitswesen sollen nächstes Jahr zuerst geimpft werden. Eine Zulassung für einen Corona-Impfstoff gibt es aber noch nicht.
SRF News: Swissmedic fehlen noch gewisse Daten, die für eine Zulassung der Impfstoffe wichtig sind. Was fehlt noch?
Thomas Häusler: Swissmedic drückt bei dieser Zulassung aufs Tempo und wendet ein sogenanntes rollendes Verfahren an. Das heisst, alle Daten, die bei ihr ankommen, werden sofort geprüft. Und so sind eben noch immer Daten von Impfstudien unterwegs, die in den kommenden Wochen noch hereinkommen werden. Das läuft soweit nach Plan. Zudem hat Swissmedic den Herstellern noch Rückfragen gestellt, die erst beantwortet werden müssen.
Aber auch wenn eine Zulassung erteilt ist, geht es mit dem Impfen nicht sofort los. Erst bestimmt die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF), für welche Gruppe die verschiedenen Impfstoffe geeignet sind. Da könnte es Unterschiede geben. Zum Beispiel könnte er bei älteren Menschen nicht gut wirken, hingegen bei jüngeren. Dann käme wohl das Gesundheitspersonal zuerst an die Reihe, und die Älteren müssten auf den nächsten Impfstoff hoffen. Es sind ja deren drei in Prüfung.
Erst bestimmt die Eidgenössische Impfkommission, für welche Gruppe die verschiedenen Impfstoffe geeignet sind.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) will schon bis Ende Jahr über eine Zulassung entscheiden. Ist die EU weiter als die Schweiz?
Nein, das kann man so nicht sagen. Die EMA und auch die US-Prüfstelle FDA kennen eine Notfallzulassung. Sie kann schon erteilt werden, wenn noch gar nicht alle Daten da sind. Das Schweizer Gesetz kennt diese Möglichkeit nicht – der Bund und Swissmedic setzen da erklärtermassen den Fokus auf die Sicherheit des Impfstoffs: Es werden ja gesunde Menschen geimpft, da muss das Risiko sehr beschränkt sein.
Der Fokus auf die Sicherheit soll wohl auch jene gewinnen, die eher impfskeptisch sind.
Der Fokus auf die Sicherheit soll wohl auch jene gewinnen, die eher impfskeptisch sind. Das sind in der Schweiz ja einige – gerade beim Corona-Impfstoff, weil alles so schnell geht. Es wird auch wichtig sein, die Leute auf die möglichen Nebenwirkungen hinzuweisen. Diese sind zwar im Rahmen, aber spürbar – zum Beispiel Muskelschmerzen und Erschöpfung.
Zuerst sollen Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen geimpft werden, danach Pflege- und Betreuungspersonal und enge Kontaktpersonen von vulnerablen Personen. Erst danach die allgemeine Bevölkerung. Von welchem Zeitrahmen gehen bei letzterer die Behörden aus?
Das scheint noch offen. Virginie Masserey vom BAG sagte zwar, das könnte schon im ersten Trimester 2021 der Fall sein, aber das scheint mir sehr sportlich: Die Impfstoffe werden noch eine Weile weltweit knapp sein.
Die Impfstoffe werden noch eine Weile weltweit knapp sein.
Geht es also in erster Linie darum, gefährdete Personen zu schützen und nicht um eine Herdenimmunität?
Ja, genau richtig. Man weiss noch gar nicht, ob sich mit den Impfstoffen überhaupt eine Herdenimmunität erreichen lässt. Denn es ist unklar, wie lange der Impfschutz anhält und ob Geimpfte, die zwar vor der Krankheit geschützt sind, das Virus doch weitergeben können. Falls ja, würde es so etwas wie Herdenimmunität kaum geben.
Aber immerhin: Wenn die allermeisten Risikopersonen geimpft sind, dann braucht es wenigstens sehr wahrscheinlich keine schweren Massnahmen wie einen Lockdown mehr, weil die Schwächsten geschützt sind und das Gesundheitssystem kaum überlastet wird.
Wenn die allermeisten Risikopersonen geimpft sind, braucht es sehr wahrscheinlich keine schweren Massnahmen wie einen Lockdown mehr.
Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.