Im «Corona-Jahr»2020 sind mehr als doppelt so viele Suizidversuche bei Kindern und Jugendlichen verzeichnet worden als im Vorjahr. Das hat das Kinderspital Zürich bei einem Vergleich der beiden Jahre festgestellt, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Die Pandemie und die vielfältigen Einschränkungen durch die Folgemassnahmen setzten den jungen Menschen auch psychisch zu. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind verzweifelt und werden von Ängste und Depressionen gequält.
Pandemie und ihre Einschränkungen
Im Kinderspital Zürich arbeitet Markus Landolt. Er ist Professor für Gesundheitspsychologie des Kindes- und Jugendalters an der Universität Zürich und behandelt immer mehr Kinder und Jugendliche.
«Es gibt wahrscheinlich zwei Ursachen: Einmal die Pandemie selber, die bei Kindern und Jugendlichen zu Ängsten führt und dann sind es diese Massnahmen, die viele Einschränkungen mit sich bringen, die für Kinder und Jugendliche sehr relevant sind.»
2019 kamen nach einem Suizidversuch 22 Kinder und Jugendliche ins Kinderspital. Im vergangenen Jahren waren es mit 49 mehr als doppelt so viele. Und dieses Jahr waren es bis Ostern bereits 21 Fälle.
Auch psychosomatische Störungen wurden diesen Winter dreimal so häufig wie ein Jahr zuvor diagnostiziert. Fälle von Jugendlichen mit Essstörungen stiegen von 21 auf 45, jeweils im zweiten Halbjahr 2019 und 2020.
Die Kinder und Jugendlichen berichten von sozialer Isolation, von Leistungs- und Zukunftsängsten. Dies kann laut Psychologe Landolt zu Depressionen und Angststörungen führen, schlimmstenfalls zum Suizidversuch. «Bisher standen die Kinder und Jugendlichen weniger im Fokus, wenn man über die Auswirkungen der Pandemie gesprochen hat. Es ist uns ein Anliegen, dass man auch realisiert, das er hier Schwierigkeiten gibt für die Kinder und Jugendlichen.»
Jugendliche besser einbeziehen
Für Landolt wäre ein Lösungsansatz, wenn der Bund zukünftig in seinen Massnahmen die Situation von Jugendlichen viel mehr einbeziehen würde. Es müsste immer auch mitgedacht werden, wie kann man die Situation für die junge Generation verbessern könnte.
«Man müsste die psychiatrische, psychologische Versorgung dieser Jugendlichen und Kinder unbedingt verbessern. Da glaube ich, ist der Bund gefragt», sagt Landolt. Weil das Kinderspital bei so vielen Fällen oft an seine Grenzen komme, brauche es mehr Unterstützung. Es gebe auch fast keine Therapieplätze für Kinder und Jugendliche.