Wie kann man dafür sorgen, dass sich noch mehr Menschen impfen lassen? Das ist eine der drängendsten Fragen in der nach wie vor akuten Corona-Pandemie. In den Fokus geraten dabei zunehmend auch die Unternehmen: Denn vielerorts dürfen sich Angestellte nicht während der Arbeitszeit impfen lassen.
Dass dies nicht so sei, begreife sie nicht, sagt Ruth Humbel, Mitte-Politikerin und Präsidentin der gesundheitspolitischen Kommission des Nationalrates: «Ich finde eine solche Haltung unverständlich und verantwortungslos, denn es ist doch im Interesse der Unternehmen, wie es im gesamtgesellschaftlichen Interesse ist, möglichst schnell in eine Normalität zurückkehren zu können. Dazu braucht es die Impfung.»
Es ist doch im Interesse der Unternehmen, wie es im gesamtgesellschaftlichen Interesse ist, möglichst schnell in eine Normalität zurückkehren zu können.
Denn wenn wieder mehr Menschen wegen einer Corona-Erkrankung in ein Spital eingeliefert werden müssten, drohten wieder neue einschränkende Massnahmen und das könne ja nicht im Interesse der Wirtschaft sein, so Humbel weiter.
SBB und Post in der Kritik
Sogar Valentin Vogt, der Präsident des Arbeitgeberverbandes, findet laut der «NZZ am Sonntag», dass man in der jetzigen Situation ausnahmsweise das Impfen während der Arbeitszeit ermöglichen sollte.
Vielerorts ist das aber noch nicht die Realität. Besonders in die Kritik geraten sind bundesnahe Betriebe wie die SBB und Post. Deren Angestellte müssen sich ausstempeln, wenn sie an Arbeitstagen einen Impftermin haben. Impfungen würden eben gehandhabt wie andere Arzttermine, heisst es auf Nachfrage bei Post und SBB. Die Unternehmen verweisen dabei auf die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages.
Vorbildfunktion gefordert
Es wäre doch sinnvoller, etwas flexibler zu sein und das Impfen während der Arbeitszeit zu erlauben, sagt Barbara Gysi, SP-Nationalrätin und Präsidentin des Personalverbandes des Bundes. «Man sollte nun doch wirklich die übergeordneten Interessen sehen, die wir als Gesamtgesellschaft und eben auch die Betriebe haben. Auch wenn es im GAV anders geregelt ist, diese Möglichkeit zur Impfung während der Arbeitszeit sollten die Unternehmen bieten.»
Bereits reagiert hat die Swisscom: Die Angestellten des Telekommunikationsunternehmens dürfen seit Mitte August – nach Absprache mit den Vorgesetzten – während der Arbeitszeit zum Impfen gehen und dürfen das als «Bezahlte Abwesenheit» erfassen. So weit sind Post und SBB noch nicht. Sie betonen aber, dass es bei ihnen interne Informationskampagnen gebe, in denen die Bedeutung des Impfens thematisiert werde.
Die Post prüft ausserdem, wie sie fremdsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser über die Corona-Impfung informieren kann. Die Entscheidung zur Impfung bleibe aber natürlich freiwillig.